Kommentar:Der tiefe Graben wird bleiben

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Das Votum der Pullacher Bürger ist deutlich, doch einen Grund zum Jubeln haben die Sieger des Bürgerentscheids vom Sonntag nicht

Von Michael Morosow

Nach dem deutlichen Votum für das Ratsbegehren ist ein Jubel der Sieger nicht angebracht. Allenfalls die Pullacher Bevölkerung kann sich glücklich schätzen, ist jetzt doch endlich der Vorhang gefallen nach einem geradezu absurden Polittheater um ein kommunales Wohnbauprojekt. Wenn sich der Rauch verzogen hat, wird man sehen: Der Graben, der sich zwischen der Mehrheit des Gemeinderates und der Fraktion von Wir in Pullach (WIP) aufgetan hat, ist geblieben und wird auch so schnell nicht zugeschüttet werden können.

Die WIP hat es geschafft, die Entscheidungsfähigkeit von Bürgermeisterin, Gemeinderatsmehrheit und Verwaltung öffentlich wirksam infrage zu stellen, und das nur, weil ihr ein paar Gemeindewohnungen unnötig und vor allem zu teuer erscheinen - zumindest Letzteres ist nicht zu leugnen. Aber der Bevölkerung zu suggerieren, die Vorhaben Bürgerhaus, Schule und Schwimmbad könnten auf der Strecke bleiben, wenn dieses "Haus für Pullach" gebaut würde, war schlechter Stil. Und jedes Mal, als die andere Seite die von ihr postulierten Zahlen und Fakten zu widerlegen versuchte, bog die WIP mit neuen Krachern um die Ecke, zielte unter die Gürtellinie, bezichtigte Gemeinderäte gar der persönlichen Vorteilsnahme, warf der restlichen Ratsmannschaft Maßlosigkeit und Verschwendung von Steuergeld vor. Immer wieder trat die WIP Intrigen los. Zuletzt machte im Ort das Gerücht die Runde, in das Wohnhaus sollen "Schwarze" einziehen.

Zu hinterfragen ist auch die taktische Rollenverteilung zwischen Fraktion und Vorstand der Wählergemeinschaft. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Gemeinderäte gerne die Vereinsspitze vorschieben, wenn es hart auf hart kommt, wie sich nicht nur bei der Klage vor dem Verwaltungsgericht gezeigt hat. So viel Lärm um ein Wohnbauprojekt - was wird zu erwarten sein, wenn es demnächst um die Ortsentwicklung geht?

© SZ vom 26.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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