Kommentar:Der Schlüssel klemmt

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Bei der Verteilung von Flüchtlingen auf die Kommunen könnten die Fläche und der Ausländeranteil im Ort berücksichtigt werden

Von Lars Brunckhorst

Es ist das unbestrittene Verdienst von Christoph Göbel, den größten Druck aus dem Kessel gelassen zu haben. Konnten sich die meisten Kommunen unter seiner Vorgängerin noch recht erfolgreich wegducken, so ist es dem CSU-Landrat gelungen, selbst widerspenstige Bürgermeister ins Bündnis zu zwingen und die dem Landkreis zugewiesenen Flüchtlinge annähernd gerecht über alle 29 Kommunen zu verteilen. Doch je länger immer neue nachkommen, umso weniger funktioniert der Schlüssel, mit dem diese verteilt werden.

Bereits im Januar kündigte Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer, im übrigen ein Parteifreund Göbels, an, sich für eine Änderung des Verteilungsschlüssels einzusetzen. Jetzt schlägt ein weiterer CSU-Politiker in dieselbe Kerbe: Der neue Bezirksvorsitzende des CSU-Arbeitskreises für Migration und Integration geht massiv auf Distanz zum Landrat. Michael Chahine, wie Loderer aus Ottobrunn und selbst mit Migrationshintergrund, fordert ebenfalls einen neuen Schlüssel. Die Baudichte eines Ortes und nicht die Einwohnerzahl solle entscheidend sein, wie viele Asylbewerber eine Gemeinde aufnehmen müsse, findet der 40-jährige Jurist. Weil wenig Platz Konfliktpotenziale berge, dürften "nicht noch mehr Leute auf noch weniger Platz kommen".

Bisher ist die Einwohnerzahl das einzige Kriterium, wonach im Landkreis Asylbewerber verteilt werden. Das hat zur Folge, dass Ottobrunn ebenso wie Unterhaching, Unterschleißheim und Haar besonders viele Menschen aufnehmen müssen, große Flächengemeinden wie Aying und Sauerlach dagegen vergleichsweise wenig. Im Landkreis Fürstenfeldbruck werden bei der Berechnung dagegen auch die Fläche und der Ausländeranteil berücksichtigt. Und der Königsteiner Schlüssel, nach dem Asylbewerber auf die Bundesländer verteilt werden, richtet sich nur zu einem Drittel nach der Bevölkerungszahl, aber zu zwei Dritteln nach den Steuereinnahmen.

Gut möglich also, dass die Göbel-Quote ins Wanken gerät, zumal auch eine Arbeitsgruppe der CSU-Landtagsfraktion im Februar ein Zehn-Punkte-Papier vorlegte, welches die bisherige Verteilung in Bayern infrage stellt. Sie will mehr Flüchtlinge von den Ballungsräumen aufs Land schicken. Das freilich ist ein Vorschlag, den wohl auch Göbel unterschreiben würde.

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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