Kommentar:Der Jargon von Pegida und Co.

Die Aschheimer Bücherei macht sich mit rechten Hetzern gemein

Von Martin Mühlfenzl

Wussten Sie, dass SPD und Grüne Mädchen und Jungen den Muslimen zuliebe wieder getrennt unterrichten möchten? Oder dass Polygamie in Deutschland verboten ist, Muslime sich an dieses Recht aber nicht halten müssen und vier Frauen eines Muslims Anrecht auf Witwenrente haben? Falls Sie es nicht wussten - Udo Ulfkotte erklärt es in seinem Werk "Mekka Deutschland - Die stille Islamisierung", das von der Gemeindebücherei Aschheim in den Ortsnachrichten beworben wird und auch als Ausleihe verfügbar ist.

Mit Verlaub, Ulfkottes Ausführungen - und die Fragen entstammen der Anpreisung durch den nicht minder fragwürdigen Kopp-Verlag - sind schlichtweg wirr zusammengeschriebener Müll. Zwischen zwei Buchdeckel gepresste, primitive Islamophobie. Ja, die Meinungsfreiheit garantiert, dass auch solch einfältiger Stuss veröffentlicht werden darf - und mündige, aufgeklärte Bürger selbst entscheiden, ob sie in diese islamfeindlichen Verzerrungen eintauchen wollen. Auch die Aufnahme von Werken Udo Ulfkottes in die Ausleihe einer Bücherei ist kein Skandal - soll doch jeder Leser selbst entscheiden, ob er solch ein Traktat mit nach Hause nimmt.

"Mekka Deutschland" aber im Amtsblatt einer Gemeinde zu bewerben und dabei selbst in den Jargon von Pegida und Co. zu verfallen, ist eine gleichermaßen politische und moralische Entgleisung. Büchereien - so das Selbstverständnis - sind Orte der Bildung, Lehre und Wahrheitsfindung. Das heißt nicht, dass sie offenkundige Lügen zensieren sollen. Aber sie dürfen sie nicht bewerben und zur Schau stellen.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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