Kommentar:Belebte Demokratie

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Ottobrunner Bürger nehmen verstärkt Anteil an Sitzungen des Gemeinderats. Ihr Interesse dürfen sie gerne auch auf Themen jenseits der Unterbringung von Flüchtlingen ausweiten. Solange sie die Spielregeln einhalten

Von Martin Mühlfenzl

Noch vor Monaten lohnte es sich bei Sitzungsterminen des Ottobrunner Gemeinderates überhaupt nicht, Stühle im Zuschauerbereich aufzustellen. Taten die Rathausmitarbeiter freilich doch, falls sich doch mal ein Bürger in den Ratssaal verirren sollte. Damit aber ist es vorbei. Selbst Ausschusssitzungen erfreuen sich mittlerweile - zumindest der regen Anteilnahme nach - großer Beliebtheit. Der immer gleiche Tagesordnungspunkt, der die Bürger anlockt, hingegen weniger. Die geplante Siedlung für Flüchtlinge am Kathi-Weidner-Weg ist für die momentane, demokratische Anteilnahme der Bürger verantwortlich. Und eben nur dieser eine Tagesordnungspunkt.

Dieses neu geweckte Bürgerinteresse an der Arbeit des Gemeinderates ist freilich auf sehr persönliche Befindlichkeiten zurückzuführen; auf Ängste, mit etwas Fremdem konfrontiert zu werden, das die bisher gekannte Ordnung in der eigenen Umgebung durcheinanderbringen könnte. Aus diesem Antrieb heraus in Gemeinratssitzungen den Dialog mit den Mitgliedern des Gremiums zu suchen, eigene Forderung zu stellen und auf Ängste hinzuweisen, ist das gute Recht der Bürger. Sie sollten ohnehin viel öfter - auch bei thematisch ganz anderen Punkten - den fest etablierten Tagesordnungspunkt "Anfragen der Bürgerinnen und Bürger" nutzen, um sich zu informieren - und auch die Gemeinderäte zu informieren. Bürger wie Lars Lehre mit seinen Petitionen und Raimund Minderer mit seinen umfangreichen Darstellungen der Situation im Westen der Gemeinde haben aufgezeigt, dass es durchaus möglich ist, am alltäglichen politischen Leben einer Gemeinde zu partizipieren. Davon lebt auch die Demokratie auf kommunaler Ebene.

Entscheidend ist freilich, dass demokratische Spielregeln und gängige Umgangsformen eingehalten werden. Letzteres ist nicht immer der Fall. Dass Bürger Anfragen stellen dürfen, allerdings kein Rederecht in Gemeinderatssitzungen haben, ist indes nachvollziehbar. Die Gemeinderäte investieren viel Zeit, um als gewählte Volksvertreter gründlich durchdachte Entscheidungen zum Wohle der Gemeinde zu fällen. Die mögen nicht allen passen, aber auch das gehört zum demokratischen Miteinander.

© SZ vom 24.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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