Kommentar:Aus den Augen, aus dem Sinn

Taufkirchen will Flüchtlinge an die Gemeindegrenze zu Ottobrunn abschieben

Von Martin Mühlfenzl

Quotierung ist ein furchtbar technokratischer Begriff. Er degradiert Menschen zu einer Verschiebemasse, macht Flüchtlinge auf unwürdige Art und Weise zu einer Ware, mit der sich schlecht handeln lässt. Und er treibt - wie auch der nicht minder abstoßende Begriff Kontingentierung - die Kommunen vor sich her und lässt sie ein ums andere Mal auf wirklich dumme Ideen kommen, um die eigene Quote erfüllen zu können.

In der Gemeinde Taufkirchen wird nun ein besonders unpassender Einfall zur Lösung der Unterbringung von Schutzsuchenden diskutiert. Der Gemeinderat will Menschen in einem ehemaligen Bürogebäude im Gewerbegebiet in der Lise-Meitner-Straße unterbringen - und er sucht die Zusammenarbeit mit dem Ottobrunner Gemeinderat, um sich gewissermaßen Absolution für diesen Plan erteilen zu lassen. Denn das Areal liegt zwar noch auf Taufkirchner Gemeindegebiet, gehört aber aufgrund der geografischen Nähe gefühlt zur Gemeinde Ottobrunn. Die Unterbringung von Flüchtlingen dort wäre nichts anderes als eine Art Abschiebung - rüber über die A 8 in ein für Taufkirchner abgelegenes Industrieviertel; aus den Augen, aus dem Sinn. Und das alles nur im Sinne der Quote.

Dass Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer selbst im Lichte des Taufkirchner Angebotes, einen Teil der Asylbewerber auf die Ottobrunner Quote anzurechnen, nicht spontan in Jubel ausbricht, ist verständlich. Schließlich müsste seine Gemeinde die Integration der Neubürger übernehmen. Das ist schon eine ziemliche perfide Idee, die der Taufkirchner Gemeinderat in die Diskussion eingebracht hat.

© SZ vom 30.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: