Jungpolitiker im Landkreis:Der Einzelkämpfer

Lesezeit: 4 min

Jungpolitiker Neubiberg: Sebastian Pflumm , Jungpolitikerserie Foto: Claus Schunk (Foto: Claus Schunk)

Der Soldat Sebastian Pflumm, 24, vertritt im Neubiberger Gemeinderat die Studenten der Bundeswehr-Uni. Seine Stimme, die einzige der überparteilichen Gruppierung USU, kann dort entscheidend für Mehrheiten sein. Manche finden allerdings, er verstehe sich etwas zu gut mit den Kollegen von der CSU.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Sebastian Pflumm schlägt für ein Treffen den Campus der Bundeswehruniversität in Neubiberg vor. Klar, hier spielt sich sein Leben ab. Hier wohnt und studiert der 24-Jährige, hier nahm auch sein Engagement für die Überparteiliche Wählervereinigung der Studenten an der Bundeswehruniversität (USU 100% Uni) seinen Lauf, für die er seit 2014 im Gemeinderat sitzt und deren erster Vorsitzender er ist. In Hemd und Jeans, mit einer Flieger-Sonnenbrille auf der Nase, holt er die Reporterin am Haupttor ab.

Vor den Kommunalwahlen 2014 war die USU praktisch nur noch eine Ein-Mann-Partei. Das hielt Pflumm nicht davon ab, sich für die Gruppierung als Kandidat aufstellen zu lassen, im Gegenteil, es machte die Sache erst richtig spannend für ihn. Herausforderungen und Nervenkitzel mochte der Student mit den blonden, nach hinten gegelten Haaren immer schon. Pflumm wuchs in einer Familie mit zwei Brüdern im Zollernalbkreis in Baden-Württemberg auf, er lernte Dressurreiten und zog schon mit 16 Jahren aus, um zu seinem Trainer nach Osnabrück zu gehen. "Dort waren alle, die im Dressurreiten Rang und Namen hatten", sagt er. Noch heute reitet er, wenn er zu hause ist, zudem geht er gelegentlich fechten, leitet das Segelregatta-Team seiner Universität und ist leidenschaftlicher Segelflieger, weil ihn "die tollen Naturerlebnisse und der Nervenkitzel" reizen.

Jungpolitiker im Landkreis München
:Ratssaal statt Kneipe

Fast überall reihen sich in den Gemeinderäten graue Haarschöpfe an weiße. Doch es gibt Ausnahmen. Die SZ stellt sechs junge Menschen vor, die sich in der Kommunalpolitik engagieren. Einer will sogar Bürgermeister werden, aber nur, wenn ihm seine Frau dann nicht wegläuft.

Von Ruth Eisenreich, Mitarbeit: David Knapp

Mit Kommunalpolitik kam Pflumm früh in Berührung, sein Vater sitzt seit vielen Jahren für die Freien Wähler im Gemeinderat von Bisingen. Zeit, sich selbst politisch zu engagieren, hatte Pflumm aber erst, als er seine Offizierslaufbahn in der Luftwaffe einschlug. Pflumm studiert Management und Medien und absolvierte zwei Praktika beim CSU-Bundestagsabgeordneten Florian Hahn, eines davon im Bundestag, eines im Abgeordnetenbüro in Unterhaching. "Hier wurde ich unmittelbar mit den Themen im Wahlkreis konfrontiert", sagt Pflumm.

Uni-Prüfungen während der heißen Wahlkampfzeit

Vor der Kommunalwahl 2014 gab es dann an der Universität ein paar Staatswissenschaftler, die mit einer neuen Wählervereinigung antreten wollten. Pflumm wollte sich zunächst anschließen. Über den CSU-Gemeinderat Hartmut Lilge lernte er aber den damaligen USU-Gemeinderat Michael Scheckenhofer kennen und beschloss, bei der Wahl für die USU anzutreten. "Ich bin überzeugt, dass Studenten nur in den Gemeinderat kommen, wenn sie eine eigene Liste haben", sagt er.

1 / 7
(Foto: N/A)

Sebastian Pflumm in fünf Bildern:

2 / 7
(Foto: N/A)

"Die UniBw auch sportlich stark vertreten - hier als Bowman mit dem Regattateam bei der Course Croisière an der französischen Atlantikküste."

3 / 7
(Foto: N/A)

"Mit Ländern wie Frankreich, Kanada und den USA verbinden mich Freundschaften, die mir einen 'Blick über den Tellerrand hinaus' ermöglicht haben."

4 / 7
(Foto: N/A)

"Beim Segelfliegen finde ich immer den nötigen Ausgleich zu Unialltag und Kommunalpolitik."

5 / 7
(Foto: N/A)

"Der Politik bin ich auch als Praktikant im Deutschen Bundestag näher gekommen - die Zeit dort war eine unglaublich tolle Erfahrung für mich."

6 / 7
(Foto: N/A)

"Als einer von neun 'Neulingen' trat ich im Mai 2014 mein Mandat für die USU 100% Uni im Neubiberger Gemeinderat an, und bereue keine Sekunde."

7 / 7
(Foto: Claus Schunk)

Ein Soldat für die Gemeinde: Der Neubiberger Student Sebastian Pflumm.

Außerdem war die USU schon seit 1984 in dem Gremium vertreten, und "es wäre schade gewesen, etwas sterben zu lassen, was es schon gibt". Einige der Staatswissenschaftler, mit denen sich Pflumm für die Wahl eigentlich zusammentun wollte, sprangen nach und nach ab. Das habe ihn aber erst recht angespornt, sagt er. Obwohl eine Reihe von Uni-Prüfungen in die heiße Wahlkampfzeit fielen, kniete sich Pflumm richtig rein. Er traf sich abends mit Kameraden auf ein Bier, um sie davon zu überzeugen, für die USU zu kandidieren.

Weil es verboten ist, auf militärischem Gelände Parteiwerbung zu machen, stellten er und seine Mitstreiter ihren Stand vor dem Uni-Gelände auf. Die Mühe zahlte sich aus, die USU verlor bei der Kommunalwahl 2014 zwar 3,1 Prozent, konnte aber ihren Sitz im Gemeinderat behaupten. Und Pflumm bestand all seine Prüfungen. "Ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen, wenn viel über mich hereinbricht", sagt er. Pflumm und seinen Mitstreitern gelang es zudem, wieder eine Basis der USU zu schaffen. Aktuell hat sie zehn aktive Mitglieder.

Von allen Seiten ernst genommen

Sein erstes Jahr im Gemeinderat habe seinen Horizont sehr erweitert, sagt Pflumm: Man bekomme Übung darin, vor Leuten zu sprechen, und Teil eines Gremiums zu werden sei eine interessante Erfahrung. Im Gemeinderat bewegt er sich souverän. Pflumm sei nicht nur anwesend, sondern vertiefe sich offensichtlich auch in die Themen, sagt der SPD-Gemeinderat und zweite Bürgermeister Volker Buck. Pflumms Alter ist offenbar kein Problem, er fühlt sich im Gemeinderat von allen Seiten ernst genommen. Ihm gefällt auch, dass es in Neubiberg mehrere junge Gemeinderäte wie Thomas Pardeller und Nicola Gehringer (CSU) oder Gregor Röslmaier (SPD) gibt, "die von den Grundsätzen her ähnlich ticken".

Nicht selten ist Pflumm mit seiner Stimme das Zünglein an der Waage. Das gefällt ihm: "Da kann man seine Ideen wesentlich besser einbringen." Mit seiner Stimme können CSU und die Fraktion von Grünen und ÖDP etwa Bürgermeister Günter Heyland und seine Freien Wähler mit SPD und FDP überstimmen. So wie zuletzt, als es um den gemeinsamen Antrag von CSU, Grünen/ÖDP und USU zu Asylbewerberunterkünften ging. Überhaupt teilt Pflumm oft die Meinung der CSU. Sein Verhältnis zu einigen CSU-Räten wie Thomas Pardeller und Hartmut Lilge wirkt fast freundschaftlich, die USU hatte Lilge auch als Bürgermeisterkandidaten unterstützt. "Wir waren von Anfang an auf einer Wellenlänge. Es gibt immer Gesprächsthemen", sagt Pflumm über den Oberstleutnant.

Mit der CSU gebe es "menschlich eine super Zusammenarbeit", er entscheide aber auf Grund von Überzeugungen. Bei anderen Fraktionen kommt seine Nähe zur CSU nicht so gut an. "Ich hätte mir erhofft, dass sich Herr Pflumm nicht einer politischen Partei anschlösse", sagt Volker Buck. Früher habe sich die USU mit kleineren Wählergruppen zu Ausschussgemeinschaften zusammengetan. Pflumm sagt, er gehe zwar zu den Fraktionssitzungen der CSU, habe sich ihr aber nicht formell angeschlossen, weil er den Gedanken der Überparteilichkeit der USU aufrechterhalten wolle.

"Ich stehe zwischen den Stühlen"

Pflumm ist keiner, der sich ständig zu Wort meldet, aber er äußert sich, wenn es um für ihn wichtige Themen geht. Eines seiner Hauptanliegen ist es, bei der Rahmenplanung Unterbiberg die Verkehrsregelung in Griff zu bekommen. Laut einer Mobilitätsbefragung verursacht die Uni ein Drittel des Verkehrs dort, immer wieder wird über eine Verlegung der Zufahrt diskutiert. "Ich stehe zwischen den Stühlen. Aber ich möchte gern vermitteln zwischen den Unterbibergern und der Universität", sagt Pflumm. An mindestens fünf Abenden im Monat sitzt er in Gremien und kann sich nicht mit Freunden treffen. Das aber stört ihn nicht. Die Arbeit im Gemeinderat mache ihm Spaß, sagt Pflumm.

So wichtig ihm das politische Engagement auch ist, sein Kindheitstraum, das militärische Fliegen, ist ihm wichtiger: Im September endet sein Studium, von Januar an wird er wegen der Ausbildung zum Hubschrauberpiloten wohl wieder nach Norddeutschland gehen. "Ich habe mir viele Gedanken gemacht, ob ich in Neubiberg wohnen bleiben soll", sagt er. Doch das wäre sogar ihm, dem Nervenkitzel-Fan, zu viel der Herausforderung.

© SZ vom 05.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: