Jugendamt:Sozialpädagogen dringend gesucht

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Der Fachkräftemangel macht der Behörde und dem Kreisjugendring zu schaffen. So schlimm wie andernorts ist es aber nicht

Von Annika Eder, Landkreis

Mehr als 16 000 fehlende Mitarbeiter bundesweit, schlechte Erreichbarkeit in Notfällen, völlige Überlastung der Sozialpädagogen oder eine zu niedrige Bezahlung: Die jüngste Studie zur Arbeitssituation in Jugendämtern zeichnet ein düsteres Bild. Vor allem in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Berlin und Sachsen sind die Arbeitsanforderungen enorm: Ein Mitarbeiter in Vollzeit ist für knapp 100 Fälle zuständig. Im Münchner Landratsamt tut man sich zwar auch schwer, Fachkräfte für das Jugendamt zu finden, zu einer Überlastung der Mitarbeiter führt das nach Angaben der Behörde jedoch nicht.

Nach Angaben des Landratsamtes hat eine Fachkraft in Vollzeit hier zwischen 35 und 40 Fälle gleichzeitig zu betreuen und dafür die volle Ausstattung zur Verfügung. Das entspricht der empfohlenen Zahl der Bundesarbeitsgemeinschaft Allgemeiner Sozialer Dienst von 35 Fällen pro Vollzeitstelle. Es besitze außerdem nicht nur jeder ein Diensthandy, es stünden auch jederzeit neben den Büroräumen freie Besprechungszimmer für eventuelle Krisengespräche zur Verfügung, heißt es aus der Pressestelle des Landratsamtes. Auch an Fahrzeugen mangele es nicht. Darüber hinaus sei sichergestellt, dass Kinder im Notfall rund um die Uhr in Schutz genommen werden könnten - über die Feuerwehreinsatzzentrale oder die Polizei. Damit schneidet das für den Landkreis München zuständige Jugendamt deutlich besser ab als der Durchschnitt. Laut der Studie hat nämlich nur jeder vierte Mitarbeiter in den untersuchten Jugendämtern ein eigenes Diensthandy, ist also im Notfall nur privat oder gar nicht erreichbar.

167 Mitarbeiter zählt das Referat für Kinder, Jugend und Familie des Landratsamtes. Zehn Stellen sind aktuell unbesetzt, wobei auch diese bereits in absehbarer Zeit vergeben würden, wie eine Sprecherin des Landratsamtes sagt. Das Problem des Fachkräftemangels habe man noch im Griff, allerdings sei es auch für das Münchner Landratsamt keine leichte Aufgabe, an Personal zu kommen. Gerade 2015 hatte man mit neuen Herausforderungen zu kämpfen. Für die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge wurden einige neue Stellen kurzfristig notwendig.

Als "offenes Geheimnis" bezeichnet Achim Weiss von der evangelischen Kinder- und Jugendhilfe Feldkirchen den Fachkräftemangel im sozialen Bereich. Auch Marcus Fink vom Kreisjugendring (KJR) kann das bestätigen: "Es ist nicht einfach, gute, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und zu halten." Die Arbeitsbedingungen in der sozialen Arbeit seien oft sehr herausfordernd, gerade durch bessere Bezahlung könnte man den Beruf des Sozialpädagogen attraktiver machen. Insbesondere im Münchner Umland sei dies aufgrund des knappen Wohnraumangebots und der hohen Lebenshaltungskosten ein wichtiger Punkt.

Der Kreisjugendring übernimmt als Teil der Jugendhilfe Aufgaben der Jugendarbeit und steht in der Allgemeinen Jugend- und Familienhilfe vorwiegend im Bereich des Kinderschutzes und im präventiven Bereich mit dem Jugendamt in Kontakt. Die Unterbringung der minderjährigen Geflüchteten in Einrichtungen, die vom KJR betrieben werden, brachte eine sehr enge Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Fink findet hier trotz der unerwarteten Situation 2015 nur lobende Worte für die Organisation des Landkreises. Man habe "sehr früh und gut koordiniert auf die Herausforderung reagiert".

Damit in der Jugend- und Familienhilfe weiterhin genügend Personal vorhanden ist, versucht der Landkreis, der als Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Hauptlast der anfallenden Kosten stemmt, den Beruf des Sozialpädagogen zum Beispiel durch flexible Arbeitszeiten oder Mobilarbeit so attraktiv wie nur möglich zu machen.

Aber genauso wie der Kreisjugendring oder die evangelische Kinder- und Jugendhilfe in Feldkirchen kämpfe man auch im Jugendamt mit den Grenzen der tariflich festgelegten Entlohnung. Gerade ein angemessenes Gehalt würde dem Fachkräftemangel gut entgegenwirken können, heißt es auch vom Landratsamt.

© SZ vom 07.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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