Schlosskonzerte:"Immer etwas Unerhörtes"

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Seit 13 Jahren holt Carsten Reinberg außerordentliche Musiker für die Schlosskonzerte nach Ismaning. Die Reihe ist bei Künstlern wie Publikum wegen ihres besonderen Ambientes doppelt beliebt

interview Von Irmengard Gnau, Ismaning

Seit beinahe einem halben Jahrtausend existiert in Ismaning ein Schloss, das belegen historische Dokumente. Das Prunkgebäude wurde mehrmals umgestaltet und dem Geschmack der wechselnden Herrschaften sowie den jeweils geltenden architektonischen Moden angepasst. Zuletzt wandelte es Architekt Leo von Klenze von 1836 an für Napoleons Stiefsohn Eugène de Beauharnais und dessen Gemahlin Auguste Amalie in ein klassizistisches Schloss um. Die Prunkräume sind bis heute unverändert und dienen seit mehreren Jahrzehnten regelmäßig auch als Aula für große Musiker: Die "Ismaninger Schlosskonzerte" sind weithin bekannt für große Klänge im historischen Ambiente, erklärt Veranstalter Carsten Reinberg, Leiter der Musikhochschule Ismaning.

SZ: Herr Reinberg, welche Bedeutung hat ein Raum für ein Konzert?

Carsten Reinberg: Architektur beeinflusst uns Menschen von Grund auf. Der historische Ismaninger Schlosssaal mit seiner edlen Dekoration, mit seinen Büsten - all das macht eine ganz besondere Atmosphäre aus. Ich erlebe es immer wieder, wenn Künstler das erste Mal diesen Saal betreten, gibt es erst einmal einen Wow-Effekt. Dieser Effekt hält das ganze Konzert über an und beflügelt auch die Künstler. Denn es trägt nun einmal einen ganz entscheidenden Teil dazu bei, ob man in einem sterilen Betonraum spielt oder in solch einer schönen Atmosphäre - optisch und, das ist der zweite Aspekt, auch klanglich: Der Schlosssaal hat klanglich wunderbare Voraussetzungen, gerade für Kammermusik. Diese beiden Komponenten, dieses höfische Flair kombiniert mit der hervorragenden Akustik, machen das Besondere der Reihe aus und inspirieren die Künstler zu musikalischen Interpretationen, die sonst vielleicht nicht so zu hören sind. Anne-Sophie Mutter hat den Saal einmal als ein Juwel im Münchner Umland bezeichnet, solch eine Einschätzung ist ja schon der Ritterschlag.

Die Mitglieder des Rastrelli Quartetts sind im März 2016 im Ismaninger Schlosssaal zu Gast. (Foto: oh)

Sie haben die Schlosskonzerte 2002 mit ihrer Funktion als Leiter der Ismaninger Musikschule übernommen. Welche Veränderungen beobachten Sie seit Ihrem Amtsantritt, inhaltlich aber vielleicht auch beim Publikumszuspruch?

Mittlerweile ist es eine Veranstaltung, für die Abonnementkarten schon beinahe vererbt werden. Was ich als Entwicklung feststelle, ist zum Einen, dass das Publikum mit den Jahren eine immer größere Aufgeschlossenheit moderneren Komponisten und Werken gegenüber mitgebracht hat. Die Programme in den Anfangsjahren waren vielleicht noch stärker von traditionellen Kompositionen bestimmt, heute versuche ich von der Programmauswahl her noch mehr, einen Schwerpunkt auf ungewöhnliche Zusammensetzungen oder Instrumentarien zu legen, ob das nun fünf Kontrabassisten sind, ein Blockflötenensemble oder eine Glasharmonika, wie wir sie bereits zu Gast hatten. Zum Zweiten freue ich mich sehr darüber, dass ich vermehrt die Jugend im Publikum sehe. Dass klassische Musik also nicht nur ein Angebot für Erwachsene ist, sondern auch Jugendliche und Kinder vermehrt Interesse zeigen, neben modernen Popkünstlern auch die klassischen Konzerte zu besuchen. Das sehe ich mit großer Freude.

Sprechen wir über das aktuelle Programm: Den Auftakt zu den diesjährigen Schlosskonzerten macht das japanische Klavierduo Miwako Takeda und Nobuhito Nakai. Warum ist Ihre Wahl auf diese, in Deutschland noch recht wenig bekannten Künstler gefallen?

Da ich selbst Pianist bin und die Konzertreihe schon seit vielen Jahren mit Erfolg läuft, ergeben sich häufig Kontakte auch über Musiker, die bereits bei uns aufgetreten sind. Takeda und Nakai haben ihren Tätigkeitsbereich bisher vor allem in Tokio, wo sie auch unterrichten und im Fernsehen auftreten.

Carsten Reinberg, 50, steht seit 2002 der Musikschule Ismaning vor. Dort leitet er unter anderem die Millstreet Big-Band und das Jazz Orchestra. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Programm, das die beiden in Ismaning spielen, ist mit Werken von Schubert und Brahms aber sehr europäisch.

Vielleicht werden in der Zugabe einige japanische Klänge zu hören sein, das weiß ich nicht. Aber beide Künstler haben in Deutschland studiert, zum Teil auch in München, daher sind sie auch stark mit der europäischen Musik verbunden. Zudem haben Schubert und Brahms gerade zu vier Händen sehr mitreißende Stücke geschrieben.

Worauf haben Sie insgesamt den Schwerpunkt in der Programmauswahl gelegt?

Ich habe wieder eine Mischung gesucht, Klassik auch auf eine neue Weise darzubieten. Ich finde es beispielsweise ungewöhnlich, was das Bläserquintett Carion aus Dänemark präsentiert, die klassische Musik auch szenisch umsetzt. Wenn beispielsweise die Arie "Der Vogelfänger bin ich ja" aus der Zauberflöte nicht nur musikalisch, sondern auch mit ihren Instrumenten szenisch auf der Bühne zeigen. Ganz anders ist das Rastrelli Cello Quartett, ein Ensemble, welches das ganze Spektrum des Instruments so auslotet, dass man manchmal meint, ein ganzes Sinfonieorchester zu hören und es dann auch noch mit Stücken kombiniert, die etwas abseits der Klassik liegen, etwa Klezmer oder Jazzmusik. Das finde ich sehr reizvoll. Aber auch die anderen Beiträge sind etwas Besonderes, der Newcomer Michael Kranebitter wird beispielsweise mit Margarita Oganesjan den ganzen Zyklus der "Winterreise" präsentieren, das hört man auch nicht so oft. Das ist insgesamt so ein bisschen das, was ich beabsichtige: den Leuten immer etwas Neues, Unerhörtes zu bringen.

Das japanische Klavierduo Miwako Takeda und Nobuhito Nakaiie eröffnet die Ismaninger Schlosskonzerte am Freitag, 9. Oktober, um 20 Uhr im Schlosssaal. Kartenreservierungen und Informationen zu weiteren Terminen gibt es im Sekretariat der Musikschule (Telefon 089/37 06 35 62 00) oder unter www.musikschule-ismaning.de.

© SZ vom 02.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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