Im nächsten Jahr:Eine neue Pflichtaufgabe

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In Baierbrunn leben nur 13 Flüchtlinge. Bei der Bürgerversammlung wird deutlich, dass die Gemeinde bald wesentlich mehr Schutzsuchenden Quartier bieten muss. Ein Ortsentwicklungsplan soll aufgelegt werden

Von Konstantin Kaip, Baierbrunn

Baierbrunn, das betont Bürgermeisterin Barbara Angermaier gerne, sei anders als viele Landkreisgemeinden. Die Kommune am Isarhochufer ist stolz auf ihren dörflichen Charakter und eine gewisse Beschaulichkeit, die man dort wahren will. Das galt bislang auch für die Unterbringung von Flüchtlingen: Der Zuzug, der in den meisten Kommunen einschneidende Veränderungen brachte, hielt sich 2015 in Baierbrunn in Grenzen. Lediglich 13 Asylbewerber leben derzeit in Mietwohnungen der Gemeinde und einem Privathaus. Im kommenden Jahr wird sich jedoch auch die südlichste Landkreisgemeinde ihrer Pflicht zur Unterbringung Schutzsuchender stellen müssen. Das stellten Bürgermeisterin Angermaier (BIG) und Landrat Christoph Göbel (CSU) am Mittwochabend bei der Bürgerversammlung der Gemeinde klar.

Ausgehend von den derzeitigen Prognosen wird Baierbrunn 2016 insgesamt 85 Flüchtlinge unterbringen müssen, erläuterte Göbel den etwa 100 Bürgern im Pfarrsaal St. Peter und Paul. 72 Neubürger also, für die eine Unterkunft geschaffen werden muss. Der Gemeinderat hat dem Landratsamt in seiner Novembersitzung daher mehrere kommunale Grundstücke vorgeschlagen, die für Flüchtlingsunterkünfte verpachtet werden könnten: So könnten Asylbewerber in dem Wohnhaus an der Ahornstraße 7 untergebracht werden, wenn die Kommune ein weiteres Haus mit Gemeindewohnungen auf einem gegenüberliegenden Grundstück errichtet. Vorübergehend könnten auch Unterkünfte auf dem Areal des Spielplatzes Buchenhain-West entstehen. Zudem hat der Gemeinderat unbebaute Grundstücke an der B 11 beim Neubaugebiet Am Wirthsfeld und an der Schorner Straße angeboten. Wo und in welcher Form die Unterkünfte realisiert werden, werde sich "in den nächsten Wochen zeigen", sagte der Landrat. Dann werde es eine Informationsveranstaltung für alle Baierbrunner geben.

Als Untere Staatsbehörde der drittgrößten Gebietskörperschaft in Bayern müsse das Landratsamt München 7,2 Prozent aller Flüchtlinge in Oberbayern unterbringen und gerecht auf die Kommunen verteilen, erläuterte Göbel und räumte anhand einer Statistik der Herkunftsländer mit falschen Vorstellungen auf: Demnach kommt nur eine Minderheit der Schutzsuchenden aus als sicher eingestuften Staaten. "Wir gehen davon aus, dass zwei Drittel bis 80 Prozent dauerhaft, sicher einige Jahre, hier bleiben werden", sagte Göbel. Deshalb müsse das Wohnen im Vordergrund stehen, mit dem Ziel, die Menschen schnell in die Gesellschaft einzugliedern.

Dass das bislang in Baierbrunn gelungen sei, erzählte Angermaier: So arbeiteten drei Flüchtlinge über Ein-Euro-Jobs beim Bauhof, ein Senegalese sei als Küchenhilfe in der Mittagsbetreuung der Grundschule sehr beliebt. Für den örtlichen Helferkreis zog Iris Koppenheger eine "positive Bilanz", betonte aber die komfortable Situation, dass die Zahl der Flüchtlinge bislang sehr viel kleiner gewesen sei als die der Helfer. Im kommenden Jahr wolle man feste Teams für verschiedene Aufgaben bilden, sagte sie. Wer mithelfen will, kann sich auf der Homepage der Initiative informieren (www.baierbrunn-hilft.de).

In ihrem Rechenschaftsbericht blickte Angermaier auch auf den Waldorfkindergarten in Buchenhain, der voraussichtlich im Januar seinen Betrieb aufnimmt. Für die Einrichtung sei ein Verkehrskonzept mit Beschilderung und Kurzparkzone erarbeitet worden, das in Kürze im Gemeinderat vorgelegt werde. Weitere Themen waren der Kunstrasenplatz am Sport- und Bürgerzentrum, der von der Gemeinde gewünschte Kreisverkehr an der B 11 sowie die Erweiterung der Mittagsbetreuung an der Grundschule, deren Varianten kürzlich in einem Bürgerforum erörtert wurden. Als Resultat davon hat der Gemeinderat nun beschlossen, dass der Standort am Pausenhof in der Machbarkeitsstudie nicht mehr weiterverfolgt werden soll, dafür aber ein zusätzlicher Standort für einen Neubau berücksichtigt wird.

Um die in der Standortfrage umstrittene Schulerweiterung ging es dann auch beim einzigen Bürgerantrag des Abends: Peter Guba forderte, diese in einen umfassenden Ortsentwicklungsplan mit Bürgerbeteiligung zu integrieren. Wie Angermaier ihm entgegnete, hat der Gemeinderat bereits vor, einen solchen Prozess ähnlich wie in der Nachbargemeinde Pullach auf den Weg zu bringen. Erster Schritt ist eine Klausur in Thierhaupten, in die sich das Gremium im Februar begibt. Später sollen die Bürger an dem umfassenden Entwicklungskonzept beteiligt werden. Der gesamte Prozess werde wohl fünf bis sechs Jahre in Anspruch nehmen, sagte Angermaier. "Die Erweiterung der Mittagsbetreuung brauchen wir aber eigentlich sofort." Die Mehrheit der Bürger stimmte ihr zu und lehnte den Antrag am Ende ab: ein klares Votum gegen zu viel Beschaulichkeit.

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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