Hintergrund:Trinkwasserspeicher Münchens

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Offiziell gaben die Kosten den Ausschlag für den Standort Erding. In Wahrheit dürften die Gründe vielfältig gewesen sein

Als die Bayerische Staatsregierung am 5. August 1969 vom Hofoldinger Forst als Standort für den neuen Münchner Flughafen abließ und sich Richtung Erdinger Moos orientierte, begründete sie diesen Schritt offiziell mit finanziellen Erwägungen. Die standortabhängigen Kosten wären in Hofolding um 314 Millionen Mark höher als in Erding, ließ sie verlauten. In den Reihen der Schutzgemeinschaft Hofoldinger Forst glaubte man an eine andere Motivation der Regierung: dass ihr sowohl der Widerstand in der Bevölkerung als auch die ständig zunehmende Zahl der Hofolding-Gegner in den eigenen Reihen über den Kopf gewachsen war, und zudem zu viele offiziell genanten Zahlen und Fakten zum Hofoldinger Projekt von Fachleuten als haltlos abgetan worden waren. Insbesondere das Herunterspielen der Bedeutung des Trinkwasserspeichers unter dem Hofoldinger Forst für die Münchner Bevölkerung und der Gefahr einer Havarie war dabei in Bausch und Bogen verdammt worden.

Eine Verseuchung des Grundwassers für eine Million Menschen sei unvermeidlich, hatten Wasserwirtschaftsexperten im August 1967 mit allem Nachdruck festgestellt. Kerosin, Diesel, Schmieröle, Fette, Enteiser, Waschmittel - die Versickerung erfolge in der Regel so rasch, dass eine Verseuchung des Grundwassers nicht aufzuhalten sei. Laufe da mal ein Tank aus, könne man zum Tanken an die Isar fahren, orakelte Gemeinderat Johann Altenweger aus Kleinkarolinenfeld.

Einmal so, ein andermal ganz anders äußerte sich Otto Schedl, damals bayerischer Minister für Wirtschaft und Verkehr, zur Schutzwürdigkeit des Forstes. Noch 1960 trat er lautstark dafür ein, den Standort Hofolding "entschieden abzulehnen und als Ausschlussgebiet für die Anlage eines Flughafens zu kennzeichnen. In einer Denkschrift formulierte er: "Die Lagerung so großer Treibstoffmengen gefährdet das Oberflächen- und Grundwasser, da durch Unachtsamkeit bei Leckwerden der Lagertanks oder bei Unfällen Benzin oder Öl in den Untergrund gelangen und selbst in kleinen Mengen das Wasser in einem großen Umkreis auf viele Jahre verseuchen könnte. Das Wasser wird selbst bei einer Verdünnung von eins zu einer Million für den menschlichen Genuss unbrauchbar. Aus hydrobiologischen Gesichtspunkten müssen schwerwiegende Bedenken gegen das Flughafenprojekt erhoben werden. Die Abholzung geschlossener Waldgebiete sollte unter allen Umständen vermieden werden." 1967 sagte er: "Hofolding ist die einzige Möglichkeit."

Den Wasserspeicher bilden bis zu 80 Meter mächtige Schottermassen, die auf der 2,47 Millionen Jahre alten tertiären Flinzschicht lagern. Diese staut Wasser und bildet die Sohle eines Grundwasserlaufs. Der speist sich aus jährlich 1100 Millimeter Niederschlägen wovon 300 bis 400 Liter pro Quadratmeter ins Grundwasser dringen. Der bis zu 20 Meter hohe Grundwasserstrom versorgt auf seinem Weg nach Norden zahlreiche Trinkwasserbrunnen, auch Wasserläufe, und endet in den Dachauer und Erdinger Quellmooren. Die Schottermassen filtern jedweden Zufluss und gewährleisten Trinkwasser von höchster Qualität im größten Grundwasserspeicher Bayerns mit 480 Millionen Kubikmeter pro Jahr, wovon die Hälfte jährlich entnommen werden könnte. München benötige 120 Millionen Kubikmeter im Jahr, erklärten damals die Wasserwirtschaftsexperten. Heute hat die Großstadt noch größeren Durst und holt ihr Wasser aus dem Mangfalltal.

© SZ vom 19.10.2016 / mm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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