Handy-Coaches:Türöffner zur digitalen Welt

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Sebastian Langner ist 18 und Handycoach an der VHS. (Foto: Franziska Spiecker/oh)

In Kooperation mit Schülern bietet die VHS in Vaterstetten und Grasbrunn Handy- und Tablet-Kurse für Senioren an

Von Franziska Spieker, Grasbrunn/Vaterstetten

Wenn die Seniorinnen und Senioren mit Handys, Tablets oder Laptops im Gepäck kommen und sich zusammen mit den in die Lehrerrolle schlüpfenden Schülerinnen und Schülern an einen Tisch setzen, ist die Spannweite der Fragen groß: Wie bediene ich das Gerät? Was ist Wlan, Bluetooth oder GPS? Wie verschicke ich ein Foto oder eine Mail? Wie funktioniert diese App? Oder: Was ist überhaupt das Internet? Es sind Fragen wie diese, die der 18-jährige Sebastian Langner als Handycoach beantworten muss.

Er ist einer von fünf bis sechs Elft- und Zwölftklässlern, die am Gymnasium Kirchseeon im Arbeitskreis Technik aktiv sind und ihr Wissen in ihrer Freizeit zweimal monatlich in Zorneding an Seniorinnen und Senioren weitergeben. Für eine Kursgebühr von zehn Euro bekommen die älteren Menschen eineinhalb Stunden lang eine individuelle Beratung - ein Projekt, das über die Volkshochschule (VHS) Vaterstetten läuft und in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Sport und Kultur in Zorneding beziehungsweise mit der Gemeinde Grasbrunn, der Gruppe Senioren-Aktiv sowie der Mittelschule und dem Gymnasium Vaterstetten in ähnlicher Weise auch in Neukeferloh angeboten wird. Aber was motiviert Senioren, den Umgang mit Handys und Co. zu lernen?

"Ich habe einen Teilnehmer, der nutzt das, um seine Golfzeiten zu buchen, und sonst häufig, um Kontakt zu halten", erklärt Langner, der sich mit den Kursen seit gut einem Jahr ein bisschen Taschengeld dazu verdient. Entweder die Senioren bekämen ein Smartphone geschenkt, also in gewisser Weise aufgedrückt, und würden dann sagen: "Mal schauen, was das alles kann." Oder sie würden es sich aus Neugier kaufen mit der Begründung, es mal ausprobieren zu wollen, erzählt der Abiturient.

Sitzt er den älteren Menschen gegenüber, so steht er vor der Herausforderung zu erklären, was für ihn seit Kindestagen alltäglich ist: "Für uns ist es im Unterbewusstsein verankert, wie ein Handy funktioniert, aber bei Senioren muss man von vorne einsteigen und beim Erklären nicht davon ausgehen, dass sie es schon kennen." So müssten viele Senioren die Bedienung eines Smartphones erst lernen, sagt der 18-Jährige. Er geht mit ihnen dann alle Tasten durch und erklärt, wie man sie benutzt: "Denn wenn man anruft, hat man bei den alten Handys ja einfach auf die Taste gedrückt. Bei den neuen Handys ist das auch so, aber die Senioren wissen oft nicht, dass man wischen muss."

Um seinen Schülern auch spezifischere Fragen verständlich zu beantworten, benutze er gerne bildliche Erklärungen, die nah an ihrem Alltag sind, sagt Langner: "Eine Mail ist wie ein Brief, läuft aber elektronisch." Oder: "Mein App Store ist wie mein Einkaufsladen - da kaufe ich mir meine Apps, nur die kosten da meistens nichts." Und: "Mein Passwort ist wie der Schlüssel zu meiner Haustür." Das Wichtigste als Coach sei, Ruhe mitzubringen, auch wenn man es 15 Mal erkläre. Der Geschäftsführer der Vaterstettener VHS, Helmut Ertel, nickt zustimmend. Warum er die Kurse in Kooperation mit Schülern anbietet? "Weil die damit auf aufgewachsen sind und es ein Anwendungstraining sein soll", sagt Ertel. Es werde häufig pädagogisch auf den modernen Geräten rumgehackt, aber das Gute sei ja, dass man durch sie wahnsinnig schnell an Informationen komme, die einem unheimlich helfen könnten. Und noch einen weiteren Hintergrund hätten die Kurse: Sie sollen zeigen, dass Generationen sehr viel voneinander lernen können. "Ältere Personen lernen, wie sie mit dem Handy umgehen, und die Jungen lernen, wie sie anderen was beibringen." Senioren seien ja nicht die einfachsten Schüler und erst, wenn man etwas selbst erklären könne, habe man es auch wirklich verstanden, sagt Ertel.

"Bisher gab es eigentlich keinen, der mit seinem Problem wieder heimgegangen ist", sagt Langner. Trotz der positiven Bilanz sind die Teilnehmerzahlen zurückgegangen. "Am Anfang waren die Kurse relativ gut besucht", erzählt der junge Handycoach. Sind anfangs noch teilweise zehn Senioren pro Kurs erschienen, so seien es zurzeit meist nur ein bis zwei. Eine Entwicklung, die VHS-Leiter Ertel auch in Neukeferloh feststellt.

I-Phone-/Smartphone-/Tablet-Kurs für Senioren bzw. "Die besten Jahre - Best Ager" in Zorneding, Herzogplatz 15, 24. Juni und 15. Juli, jeweils von 16 bis 17.30 Uhr. Das aufgeladene Gerät inklusive Zubehör und Bedienungsanleitung müssen mitgebracht werden, genau wie die Gebühr von 10 Euro in bar. Voranmeldung entweder bei der VHS Vaterstetten, Baldhamer Straße 39, Helmut Ertel, Tel. (08106) 359028, www.vhs-vaterstetten.de, oder dem Zornedinger Förderverein Sport und Kultur e.V., Herzogplatz 19, Gerhard Wolf, Tel. (08106) 9991116 bzw. E-Mail: feripro@zorneding-sport-kultur.de.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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