Wer morgens oder abends in Unterhaching auf die Münchner Straße einbiegen möchte, braucht Geduld. Auto an Auto reiht sich auf der Hauptverkehrsader der Gemeinde. Erst recht, wenn die nahe Giesinger Autobahn mal wieder dicht ist. Und das ist sie in jüngster Zeit immer häufiger. Auch im Gewerbegebiet Grünwalder Weg oder an der Doppel-Kreuzung am Teppich-Kibek zwischen Oberhaching und Taufkirchen, wo die M 11, die Staatsstraße 2368 und die Autobahnausfahrt zusammentreffen, stöhnen die Autofahrer über lange Schlangen. Vor allem dann, wenn mal wieder gebaut wird, ist der Ärger groß.
Wie zuletzt in Oberhaching. Obwohl Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) selbst gar nichts für die Sperrung seiner Ortsdurchfahrt kann, die Beschwerden über die Verkehrsbehinderungen landen bei ihm auf dem Tisch. Staus regen die Leute mehr auf als die meisten anderen Themen. Ob es der Ärger ist über die Sanierung der Münchner Straße, über eine gefährliche Stelle auf dem Radweg nach Oberhaching oder über fehlende Parkplätze. Viele erwarten von Bürgermeistern vor allem, dass sie Verkehrsprobleme lösen.
Dabei zeigt der Blick auf Oberhaching aber auch, dass man genau hinschauen muss und laute Klagen nicht immer auf ein dauerhaftes Problem hinweisen. So trafen die Sperrung der Ortsdurchfahrt in Oberhaching und die monatelange Baustelle auf der B 11 südlich von Pullach sehr viele Autofahrer. Der Ärger war bei vielen entsprechend groß. Doch dass die Straßen irgendwann saniert werden mussten, war auch klar; ebenso dass heuer in Oberhaching der zweite Bauabschnitt ansteht. Viele werden dann wieder genervt im Rathaus anrufen. Der Verkehrsdruck sei hoch, sagt Schelle dazu, doch Katastrophenstimmung nicht angesagt; gerade weil die Politik auch etwas tue.
So weist Schelle darauf hin, dass die Schreckensszenarien, die Verkehrsprognosen Ende der Neunzigerjahre für das Hachinger Tal malten, beim Autoverkehr gar nicht eingetreten seien. Der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs und anderes habe dem entgegengewirkt. Die Gemeinde unterstützte den Ausbau der S-Bahn-Trasse mit Zehn-Minuten-Takt, der Ortsbus kam und das Busnetz wurde dichter. In der ganzen Gemeinde gilt inzwischen Tempo 30. Niemand solle glauben, dass er sein Mobilitätsverhalten beibehalten könne. Als Kreisrat sagt Schelle: "Wenn es uns nicht gelingt, die Mobilität zu garantieren, ist es mit dem Wachstum schnell vorbei." Schelle fordert eine "Bewusstseins-Änderung".
Denn weiterhin ziehen sehr viele Menschen ins Münchner Umland. Die Pendler stehen längst nicht nur dann im Stau, wenn eine dringend sanierungsbedürftige Straße neu asphaltiert wird. Die A 995 ist in den Morgen- und Abendstunden allein aufgrund der Masse der Fahrzeuge zur berüchtigten Staufalle geworden. Die Kommunen im Hachinger Tal setzen gemeinsam auf alternative Mobilitätskonzepte wie etwa Radschnellwege. Ein solcher soll durch den Perlacher Forst Stadt und Land verbinden. Zulaufwege aus den Gemeinden sollen geschaffen werden. Laut Schelle ist der Landkreis bei alldem federführend sehr engagiert. Die Streckenführung sei "relativ klar". Vieles sei aber noch zu klären, so müssten die Wege im Winter auch geräumt werden. Das sollten richtige Schnellwege werden, auf denen Radler zu jeder Jahreszeit gut in die Arbeit und nach Hause fahren könnten.
In Unterhaching hat die Gemeinde zuletzt bei der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Aufsehen damit erregt, dass sie einen U-Bahn-Anschluss und eine Tram-Verbindung nach Unterhaching ins Gespräch brachte. Doch vor solchen langfristig wünschenswerten Projekten verfolgt das Rathaus den Ausbau des Busnetzes. Der 217er nach Neuperlach fahre mittlerweile auch bis spätnachts und an Wochenenden, in Hauptverkehrszeiten im 20-Minuten-Takt, sagt Simon Hötzl, persönlicher Referent von Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD). Auch beim 220er nach Giesing gebe es Verbesserungen.
"Wir wünschen uns einen Express-Bus", sagt Hötzl. Die Agenda 21 ist gerade in Verkehrsfragen ein geschätzter Partner im Unterhachinger Rathaus. Hinweisen auf Gefahrenstellen für Fußgänger oder Radfahrer werde ernsthaft nachgegangen. Denn gerade im dicht bebauten Unterhaching birgt der wachsende innerörtliche Verkehr Anlass für Konflikte. So rücken in den Rathäusern Fragen der Ortsentwicklung in den Vordergrund: Werden Tiefgaragen gebaut? Wie viele Stellplätze sind im Wohnblock vorgesehen? Ist auch an Fahrradstellplätze gedacht? Oberhachings Bürgermeister ist daher auch ein Verfechter eines wohnortnahen Einzelhandels.
Über all dem schwebt noch immer die Forderung nach einem Autobahn-Südring, mit dem deren Verfechter die Verkehrsprobleme in der Region beheben wollen. Der Widerstand aus dem Hachinger Tal ist nach wie vor groß. Rathaus-Sprecher Hötzl sagt: "Wir hoffen, dass das Gespenst des Südrings da bleibt, wo es hingehört - in der Schublade."