Geothermie:Sauerlach bohrt nach

Lesezeit: 2 min

Die Nutzung der Heißwasservorkommen in Sauerlach lohnt sich auch nach Ansicht von Experten auf lange Sicht. (Foto: Angelika Bardehle)

Der Betreiber der Geothermieanlage will sich die Rechte für die Nutzung der Erdwärme für weitere 50 Jahre sichern. Die Gemeinde fühlt sich schlecht informiert und will höchstens einer Verlängerung um fünf Jahre zustimmen. Doch die Entscheidung liegt allein beim Bergamt

Von Michael Morosow, Sauerlach

Sauerlach im Jahr 2165: Noch immer sprudelt Thermalwasser aus dem 5400 Meter tiefen Bohrloch, zwar nicht mehr 140 Grad heiß wie vor 150 Jahren, aber immer noch heiß genug, um damit Strom zu erzeugen und Tausende Wohnungen und Häuser mit Wärme zu versorgen. Das ist die Prognose des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. "Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Geothermielagerstätte für mindestens die nächsten 150 Jahre wäre auf Basis des Wärmebaugutachtens möglich", heißt es in einem Schreiben des Ministeriums.

Sauerlach im Jahr 2015: Die SWM Services GmbH, Inhaberin der auf fünf Jahre befristeten und am 25. November dieses Jahres auslaufenden bergrechtlichen Bewilligung, beantragt eine Verlängerung derselben - nicht gleich um 150 Jahre, aber wenigstens um 50 Jahre. Die vom Ministerium angeforderte Stellungnahme der Gemeinde Sauerlach in Kürze: Fünf Jahre, mehr nicht, solange die geologischen Auswirkungen der Förderung und Reinjektion des heißen Tiefenwassers auf den Untergrund nicht zweifelsfrei feststehen. Und offenbar weiß man im Rathaus mehr über die seismischen Wellen, die im März 2011 nach dem Seebeben in Japan laut Bürgermeisterin Barbara Bogner (Unabhängige Bürgervereinigung) circa 15 Minuten später in Sauerlach registriert wurden, als über etwaige seismischen Ausschläge, die vom Stromkraftwerk vor der eigenen Haustür ausgehen.

Mit anderen Worten: Die Gemeinde fühlt sich durch die Stadtwerke München seit Inbetriebnahme des Stromkraftwerkes nicht ausreichend informiert, sieht man von einem Kurzgutachten eines Ingenieurbüros ab. Die bestehende Erschütterungsmessanlage in Sauerlach registriere alle Erschütterungen ab einem Schwellwert von einem Millimeter pro Sekunde, heißt es darin, und: "Im Jahr 2014 wurden von der Anlage keine seismischen Ereignisse detektiert, die durch die nahe gelegene Geothermieanlage induziert wurden." Nicht nur dass diese Mitteilung bei der Bürgermeisterin Argwohn weckt: "Das heißt für mich, dass es Ereignisse gegeben hat." Die Art und Weise, wie die Gemeinde kurz und knapp auf dem Laufenden gehalten wird, missfällt ihr zudem, wie sie in der Gemeinderatssitzung am Dienstag zu verstehen gab. "Zwei Zeilen per E-Mail, das reicht nicht, finde ich", sagte Bogner.

Im Zuge der bergrechtlichen Erlaubnis vor fünf Jahren sei vereinbart worden, auf Sauerlacher Flur regelmäßige seismische Messungen durchzuführen, um gegebenenfalls geologische Auswirkungen der Förderung und Reinjektion in den Untergrund feststellen zu können, heißt es in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat. Für die Zukunft, so Bogner, wünsche sich die Gemeinde, halbjährlich Messergebnisse zu bekommen. Aber auch die Ankündigung der SWM Services GmbH, in Zukunft die Fördermenge von bisher 105 Liter pro Sekunde auf 120 Liter pro Sekunde erhöhen zu wollen, weckt im Rathaus Ängste. Die Anlage sei bisher nur über kurze Zeiträume auf Volllast betrieben worden. Nach den gemeldeten Daten seien bislang zwar keine durch den Betrieb verursachten seismischen Ausschläge festgestellt worden, dennoch werde befürchtet, dass sich bei einem späteren dauerhaften Volllastbetrieb und gegebenenfalls einer Ausreizung der genehmigten Förderung von 120 Liter pro Sekunde negative Auswirkungen auf den Untergrund ergeben könnten, heißt es in der Beschlussvorlage. "Wir wissen nicht, ob dann was passiert", sagte Bogner.

Für die angeforderte Stellungnahme an das Staatsministerium hat sich das Gremium schließlich auf die Formulierung verständigt: "Es wird vorgeschlagen, die Genehmigung befristet auf fünf Jahre zu verlängern und danach eine erneute Prüfung durchzuführen. Auswertungen von seismischen Messungen sind in regelmäßigen Abständen, mindestens zwei Mal jährlich, der Gemeinde vorzulegen."

Der Bürgermeisterin und den Mitgliedern des Gemeinderats ist wohl bewusst, dass die Entscheidung in dieser Angelegenheit ganz allein das Bergamt Südbayern trifft und auch mit einer Genehmigung des SWM-Antrags durch diese Behörde zu rechnen ist. Aber wenn man schon um eine Stellungnahme gebeten wird, dann hält man in Sauerlach mit seiner Meinung nicht hinterm Berg.

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: