Garchinger TU-Feuerwehr:Retter in Not

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Die Werkfeuerwehr der Technischen Universität kämpft mit personellen Engpässen. Wegen ungünstiger Arbeitszeiten wenden sich viele Mitarbeiter ab. Die Universität sieht keine Probleme, doch die Zweifel an der Einsatzfähigkeit wachsen

Von Irmengard Gnau, Garching

Die Werkfeuerwehr der Technischen Universität München (TU) klagt über chronische Unterbesetzung und fürchtet um ihr Fortbestehen. Weil in den vergangenen Monaten rund ein Sechstel der Besetzung die Dienststelle am Forschungscampus verlassen hat und mehrere Beamte ihre Arbeitszeit reduziert haben, warnt die Deutsche Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG) vor Einschränkungen bei der Einsatzfähigkeit. Die TU widerspricht den Vorwürfen.

Die Feuerwehrgewerkschaft spricht von einer dramatischen personellen Situation. Von den insgesamt 62 Beamten, die am 1. Januar dieses Jahres in Garching stationiert waren, haben im vergangenen Halbjahr zehn Kollegen die Dienststelle verlassen und sind zur Berufsfeuerwehr München gewechselt. Weitere fünf hätten sich wegbeworben und bereits Zusagen erhalten. Zudem würden bis Ende des Jahres fünf weitere Kollegen in den Ruhestand gehen. "Mittlerweile hat die Lage ein Stadium erreicht, dass es so nicht mehr weiter geht", erklärt Friedrich Schlierf, stellvertretender Vorsitzender der DFeuG-Landesgruppe Bayern.

Ein zentraler Grund für die vielen Abgänge ist nach Einschätzung der Gewerkschaft, dass die Feuerwehrleute in Garching als einzige bayerische Berufsfeuerwehrler längere Arbeitszeiten leisteten, ohne dafür vergütet zu werden. EU-Recht zufolge ist die Arbeitszeit pro Woche auf 48 Stunden begrenzt. Die deutsche Arbeitszeitregelung lässt aber zu, diese Höchstzeit zu überschreiten, vorausgesetzt, die Arbeitnehmer erklären sich damit einverstanden. Die bayerischen Berufsfeuerwehren, die aufgrund ihrer besonderen Aufgaben einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb leisten, haben inzwischen individuelle Regelungen eingeführt, um die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter von ehemals üblichen 56 Wochenstunden abzusenken. Arbeitszeiten über die gesetzlich vorgegebenen 48 Stunden hinaus werden meist mit Freizeit oder finanziell ausgeglichen.

Der Garchinger CSU-Vorsitzende fürchtet, die TU könne sich von der Werkfeuerwehr trennen. Garching (Foto: Feuerwehr)

Lediglich die TU-Feuerwehr biete ihren Beamten keinen adäquaten Ausgleich für geleistete Mehrarbeit an, so der Vorwurf der Feuerwehrgewerkschaft. Das mache die Dienststelle unattraktiv. Mehrere Beamte haben inzwischen eine Klage vor dem Verwaltungsgericht München angestrengt. 15 TU-Feuerwehrler haben ihre Bereitschaft zur Mehrarbeit widerrufen und arbeiten nun nur noch 48 Wochenstunden, nach einem anderen Schichtmodell als ihre Kollegen. In dieser Situation sei es insbesondere schwierig, Nachwuchskräfte zu finden, sagt Schlierf angesichts eines generell leer gefegten Marktes für Feuerwehranwärter. Die DFeuG fordert daher von der TU, möglichst rasch mindestens fünf neue Arbeitsplätze in Garching zu schaffen und ein "nachhaltiges Personalkonzept" für die Dienststelle zu entwickeln, um ein "weiteres Abwandern der Kollegen zu vermeiden".

Diese Entwicklung sehen auch Garchinger Lokalpolitiker mit Sorge. Jürgen Ascherl, Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion, hat nun den Stadtrat eingeschaltet. Auch der Verein "Bürger gegen Atomreaktor Garching" hat sich in einem Brief an die Universität gewandt. Ascherl fürchtet "durchaus eine passive Gefährdung der Garchinger Bürger", sollte sich die Lage nicht ändern. Nach Aussage der DFeuG musste etwa der Rettungstransportwagen der TU-Feuerwehr zuletzt zeitweise außer Dienst genommen werden, weil zu wenig Personal auf der Wache anwesend war, um diesen den Anforderungen entsprechend zu besetzen. Nach Auskunft des CSU-Ortsverbands Garching kam der Rettungswagen, der am nördlichen Ortsrand stationiert ist, in den vergangenen Jahren auch mehrfach bei Rettungsfällen in Garching zum Einsatz.

Bei diesem Rettungswagen handle es sich um eine zusätzliche Leistung, zu der die TUM nicht verpflichtet sei, sondern welche sie freiwillig vorhalte, sagt ein Universitätssprecher. Sämtliche Anforderungen der behördlichen Auflagen würden eingehalten. Entgegen dem Eindruck, welchen die Feuerwehrgewerkschaft erwecken wolle, sei "die Sicherheit am Forschungscampus der TU in Garching gewährleistet". Zur Personalsituation erklärt der Sprecher, den zehn Abgängen aus dem ersten Halbjahr stünden fünf Neueinstellungen gegenüber, zudem werde die Werkfeuerwehr aktuell von fünf Beamten der Berufsfeuerwehr München verstärkt. Im zweiten Halbjahr sollen drei weitere Kräfte eingestellt werden. Versetzungsgesuche lägen der TU nicht vor; es seien aktuell genügend Beamte vorhanden, um die gesetzlichen Auflagen einzuhalten.

Jürgen Ascherl, CSU-Stadtrat und Vorsitzender der Polizeigewerkschaft München, betrachtet die Lage dennoch skeptisch. "Die TU will sich still und heimlich von der TU-Feuerwehr trennen", befürchtet er. Schließlich sei diese ein Kostenfaktor für die Münchner Universität. "Ich will kein Schreckensszenario malen, aber wir müssen darüber nachdenken, wie die Situation dann zu regeln ist", sagt Ascherl. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) habe eine Stellungnahme von der TU eingefordert. Bis nach den Sommerferien erhofft sich Ascherl eine klare Aussage der Universität.

Die TU befinde sich derzeit in enger Abstimmung mit den zuständigen politischen Stellen, lässt der Sprecher wissen. Ziel sei es, auch in Zukunft eine bedarfsgerechte Feuerwehr zu erhalten. In welcher Form dies konkret sein wird, lässt die Universität offen. "Hierzu gibt es keine Denkverbote", so der Sprecher.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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