Fröttmaninger Heide:Heide frei für Hunde

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"Immer nur Hetze": Die Interessengemeinschaft Hund & Heide kämpft gegen den Ausschluss ihrer Vierbeiner aus dem Erholungsgebiet im Norden der Stadt.

Thomas Kronewiter

Das Bild vom Kaninchen reißenden Wolfshund, der die Bodenbrüter aufscheucht und unkontrolliert die Heide mit seinem Kot überzieht, ist es, das Hundehalter wie Karin Wagner besonders aufregt. "Immer nur Hetze", klagt die Freimannerin. Es werde viel "hochgepusht", ärgert sich auch Hannelore Scholz. Und Lothar Wolf sieht sich "wie Don Quichotte gegen Windmühlenflügel" kämpfen.

Das Trio aus Freimann ist der Kopf der Interessengemeinschaft Hund & Heide, die sich den einst versprochenen Bürgerpark nördlich des bebauten Stadtrandes nicht nehmen lassen will. Versprochen habe man ihnen eine Erholungslandschaft nördlich der Stadtgrenze, sagt Wolf - und zieht Broschüren, Wahlkampf-Flyer von Politikern und Zeitungsartikel aus einem dicken Ordner.

In der Realität finden sich auf der Fröttmaninger Heide um das derzeit entstehende Heidehaus gewaltige Kiesanhäufungen und am Rande des Naturschutzgebiets von europäischem Rang "Betretenverboten"-Schilder. Daran hält sich niemand, und das ist auch dem Heideflächenverein als dem Eigentümer der Fläche bekannt.

Der Vorsitzende, Unterschleißheims Bürgermeister Rolf Zeitler, hatte zwar schon bei der Grundsteinlegung für das Bildungs- und Informationszentrum vor wenigen Wochen signalisiert, dass die Schilder noch eine Weile stehen bleiben dürften - schon wegen der nach wie vor nicht abgeschlossenen Kampfmittel-Räumung, die im Bereich des Heidehauses bereits eine Reihe von Funden zutage gefördert hat. Er ließ aber auch durchblicken, dass der Verein diese nicht zuletzt haftungsrechtlich begründete Anordnung nicht auf Biegen und Brechen durchsetzen werde. Mit anderen Worten: Spaziergänger und Gassigeher wird kein Heidewart aufhalten.

"Mögliche weitere Betretungsregelungen"

Vielleicht ändert sich aber diese ungeklärte Situation durch gemeinsame Bemühungen der Regierung von Oberbayern, des Heideflächenvereins und der Politik. Die Regierung ist mit der Um- und Durchsetzung der Schutzvorschriften beauftragt. Die Fröttmaninger Heide steht als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) unter dem Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes.

Welche Einschränkungen das letztlich bedeutet, kann Ines Schantz, Sprecherin der Regierung von Oberbayern, derzeit nicht sagen. Wegen "möglicher weiterer Betretungsregelungen" stehe man in engem Kontakt mit dem Heideflächenverein. Diese Abstimmungsphase sei nicht abgeschlossen - allerdings sei es auch möglich, dass man zu dem Schluss komme, auf eine exakte Ausgestaltung verzichten zu wollen, sagt Schantz.

Einschränkungen, findet jedenfalls Karin Wagner, passten nicht zu den 5000 Wohnungen in direkter Nachbarschaft. Sie passten auch nicht zur derzeit entstehenden Haidpark-Siedlung, zu den seit vielen Jahren forcierten Zuzügen. Die Situation werde sich noch verschärfen, wenn der FC Bayern sein Trainingsgelände auf dem Areal der Fürst-Wrede-Kaserne in Betrieb nehme, glaubt Wolf. Und Sportfans erwartet er, sobald das Heidehaus fertig ist, als unwillkommene Gäste, die sich nach einem Plätzchen umschauen dürften, wo sie ihre Notdurft verrichten könnten - zum Beispiel hinter der Wand des geplanten Info-Zentrums.

Die Hundefreunde schlagen eine situative Regelung vor. Besonders schützenswerte Bereiche könne man ja kennzeichnen, damit sie beim Spazierengehen gemieden werden könnten. Aber Leinenzwang oder gar das völlige Verbannen - das will man den eigenen Vierbeinern nicht antun. Sie bräuchten den Auslauf. Und es seien auch gar nicht so viele. Berichte von professionellen Hundesitter-Firmen, die Vierbeiner im halben Dutzend regelmäßig ins Gebüsch führten, halten Wagner, Wolf und Scholz für maßlos übertrieben. Am Runden Tisch hat der Heideflächenverein das bereits mit einer Reihe von Interessengruppen diskutiert, im Oktober soll es wieder ein solches Gespräch geben.

Der Bezirksausschuss Schwabing-Freimann, der dort ebenfalls vertreten ist, ist auf eine kompromisslose Linie eingeschwenkt. Ingrid Kirchleitner, Anwohnerin am Schmidbartlanger, hatte mit ihren Fotos von Hundesitter-Fahrzeugen und im Wohngebiet parkenden Autos mit Gassigehern die Lokalpolitiker überzeugt: Diese sprachen sich in ihrer Juli-Sitzung spontan dafür aus, naturschutzfachlich gebotene Restriktionen in der Fröttmaninger Heide konsequent durchzusetzen.

Diese deutliche Formulierung, die der Gremiumsvorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD) überraschend zur Abstimmung stellte, fand eine klare Mehrheit. Lederer-Piloty hatte allerdings schon in der vorhergehenden Sitzung und bei der Freimanner Bürgerversammlung deutlich gemacht, was er darunter versteht: vor allem den Komplettausschluss von Hunden.

"Die führen uns an der Nase herum"

Karin Wagner reagiert empört auf diese Position. "Die führen uns an der Nase herum." Die - damit meint sie die Politiker und auch die Mitglieder des Heideflächenvereins. Am Runden Tisch erwecke man den Eindruck, man sei an einem Ausgleich aller Interessen interessiert. "Tatsächlich will man uns nur besänftigen", erregt sich Scholz. "Und hinter unserem Rücken kommt dann so ein Beschluss." Scholz erinnert an ehrenamtliche Pflegeaktionen gerade der Hundehalter, von Müllwegräumen bis zur Meldung ungenehmigter Techno-Partys. Sie ist ebenfalls erbittert: Neulich habe es die Mitteilung gegeben, die Fuchsräude sei auf der Heide ausgebrochen. "Das war auch eine Aktion, um uns mit den Hunden wegzuhalten."

Lothar Wolf tritt im Namen der etwa 100 Unterstützer der Interessengemeinschaft für den Kompromiss ein: "Warum ein so starkes Verbot aussprechen?" Er erinnert an die Mondlandschaft, die die Heide nach den Bombenabwürfen des Zweiten Weltkriegs gewesen sei. "Das ist wahrlich kein Amazonas-Gebiet." Hannelore Scholz kann auch nicht verstehen, warum fast 800.000 Euro in ein Heidehaus investiert wird, das niemand brauche. "Was die jetzt kaputt machen mit ihren Baggern, können wir mit unseren Hunden in 100 Jahren nicht zerstören."

Die Interessengemeinschaft Hund & Heide schildert ihr Anliegen im Internet unter www.buergerpark-muenchen.de (Stichwort Fröttmaninger Heide).

© SZ vom 28.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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