Flüchtlinge in Unterschleißheim:Barfuß im Winter

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Gleich zu Beginn musste der Helferkreis Schuhe sammeln. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Unterschleißheimer Helferkreis zieht eine Bilanz seiner Arbeit

300 Flüchtlinge, die mitten im Winter teils in Schlappen ankommen, 57 Menschen, die in Container einquartiert werden und sich dort von heute auf morgen selbst versorgen sollen - der Unterschleißheimer Helferkreis Asyl hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Schnelligkeit und Flexibilität seien mehr als einmal gefragt gewesen, sagt eine Sprecherin des Helferkreises. Ihren Namen möchte sie, so wie andere Helfer auch, nicht nennen, man befürchtet Anfeindungen. Dass die Helfer schnell sind, haben sie bewiesen. Nicht nur, als es galt, per E-Mail-Rundschreiben Winterschuhe für die Flüchtlinge in der Turnhalle der Fachoberschule zu organisieren.

Innerhalb weniger Tage waren fast 300 wintertaugliche Schuhe beisammen. Als zwei Tage vor Weihnachten 57 Asylbewerber, vor allem aus Syrien und Afghanistan, in die Container-Anlage in der Nördlichen Ingolstädter Straße einzogen, war wieder rasches Improvisieren angesagt. Denn das dort geltende Selbstversorgerprinzip konnte auf die Schnelle nicht umgesetzt werden, weil die Flüchtlinge noch kein Geld bekommen hatten, abgesehen davon, dass kurz nach dem Einzug alle Läden über die Weihnachtsfeiertage geschlossen waren. "Doch mit selbst gebackenen Plätzchen, eigenen Vorräten und geliehenem Bargeld bekam der Helferkreis auch diese Situation in Griff", so die Sprecherin.

Noch schlimmer als ein leerer Kühlschrank waren dann akute Zahnschmerzen während der Feiertage. Auch in diesem Fall fanden sich freiwillige Begleiter für Besuche beim Notdienst. Auch die Lage einer Somalierin, die wegen einer Namensverwechslung als einzige Frau in die Containeranlage einzog, konnte verbessert werden. Sie ist inzwischen anderweitig untergebracht und in medizinischer Behandlung. Denn während der Unruhen in ihrer Heimat hat sie nicht nur fast ihre gesamte Familie verloren, sondern kam auch mit einer Gewehrkugel in der Schulter in Deutschland an.

Dankbar zeigt sich die Sprecherin des Helferkreises dafür, dass auch die Helfer selbst immer wieder Hilfe erfahren: von Ärzten oder Apothekern, aber auch vom Betreiber des Unterschleißheimer Jugendtreffs "Gleis 1". Der Kreisjugendring stellt Räume für Deutschunterricht zur Verfügung und ermöglicht es, dass sich jüngere Flüchtlinge mit gleichaltrigen Jugendlichen aus dem Ort treffen. Noch immer ist auch die Bereitschaft zu Spenden groß, seien es gebrauchte Fahrräder oder Kleidung oder auch Geldbeträge von Banken, Unternehmen und Vereinen. Das Geld sei unter anderem in den Deutschunterricht geflossen und in eine Broschüre, die den Asylbewerbern erste Informationen über die Region vermittelt. Auch die Asylbewerber selbst zeigen sich für die erhaltene Unterstützung erkenntlich: Am 1. Januar hat eine Gruppe von Flüchtlingen auf Straßen Unterschleißheims den Müll der Silvesternacht eingesammelt. Bundesweit wurde von der Aktion berichtet, sogar der Spiegel interessierte sich dafür.

© SZ vom 13.02.2016 / av - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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