Feuerwehr:Mit Schnupperübungen auf Nachwuchssuche

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Vielen Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis München fehlen junge Leute. Deshalb werben sie gezielt um Teenager. In einigen Gemeinden gibt es sogar schon eigene Gruppen, die Zwölfjährige aufnehmen

Von Michael Morosow

Kinderaugen funkeln hell, wenn ein feuerrotes Fahrzeug mit lautem Tatütata um die Ecke biegt. Neben Fußballprofi, Zauberer und Pilot rangiert der Feuerwehrmann nach wie vor im Spitzenfeld der Berufswünsche kleiner Buben. Doch erst einmal in die Pubertät gekommen, erlischt bei vielen die anfängliche Begeisterung, vor allem dann, wenn sich in Wohnortnähe eine Fülle weiterer attraktiver Freizeitaktivitäten finden lässt, oder aber schulischer Stress den jungen Leuten für das Ehrenamt keine Zeit mehr lässt. Zumal es in der zunehmend älter werdenden Gesellschaft zwangsläufig auch immer weniger junge Menschen gibt, die beherzt zu Wasserpumpe oder Schlauch greifen möchten, läuten in den Feuerwehrverbänden landauf, landab bereits die Alarmglocken.

Das Nachwuchsproblem hat sich zwar noch nicht zu einem Flächenbrand ausgeweitet, zumal nicht im boomenden Landkreis München, in dem der demografische Wandel weniger zu spüren ist als in anderen Regionen. Aber ein Strohfeuer hat es bereits entfacht, wie sich erst kürzlich in Planegg gezeigt hat. Die Freiwillige Feuerwehr in der Würmtal-Gemeinde sucht inzwischen händeringend nach neuen Mitgliedern, vor allem nach jungen Menschen. Auf der Jahreshauptversammlung wurde beklagt, dass immer mehr junge Feuerwehrleute die Ausbildung abbrechen, unter anderem auch, weil der schulische Druck, etwa durch das G 8, immer größer werde. Vorstand und Kommandantur wollen dem Mitgliederschwund noch heuer mit einer groß angelegten Werbekampagne entgegentreten. In Vorbereitung sind Informationsabende und Schnupperübungen, dazu soll es einen Aktionstag geben mit Fahrzeugweihe und einem Tag der offenen Tür. Und auch mit Anzeigenkampagnen, Plakaten und Bannern will man um die jungen Leute buhlen. Ausdrücklich wurde bei der Versammlung betont, dass der Alltag eines aktiven Feuerwehrmannes nicht nur aus Übungen oder Einsätzen bestehe, sondern auch aus Freizeitaktivitäten - etwa einem Hüttenwochenende in den Bergen.

"Eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit steht und fällt mit den Aktivitäten der Jugendwarte", sagt Kreisjugendfeuerwehrwart Gerhard Bauer, unter dessen Regie jährlich ein Kreisfeuerwehrtag des Landkreises samt Spaßolympiade mit Geschicklichkeitsspielen ausgerichtet wird, wie im Juli 2014 bei der Freiwilligen Feuerwehr Garching. Bauer verweist auch auf die Jugend-Wissenstests, die regelmäßig im Herbst veranstaltet werden und an denen zuletzt circa 300 Buben und Mädchen teilgenommen haben. Keine schlechte Quote bei insgesamt circa 425 Jugendlichen (Stand: 1. Januar 2014), die in den Feuerwehren der 29 Kommunen im Landkreis an das Feuerwehrwesen herangeführt werden. Von 45 Feuerwehren im Landkreis München pflegen laut Kreisbrandrat Josef Vielhuber 39 die Nachwuchsarbeit. "Komm mach mit! Jugend ist Zukunft", lautet der Titel einer auf drei Jahre angelegten Werbekampagne, die der Landesfeuerwehrverband 2011 gestartet hat. Die Nachwuchssuche sei nicht mehr ganz so leicht wie früher, weil sich die Jugend nicht mehr langfristig binden wolle, sagt Kreisbrandrat Vielhuber.

Die wirksamste Werbung betrieben dabei die Jugendlichen selbst, heißt es unisono aus den Feuerwehrvereinen. "Es gibt immer wieder mal Flauten, aber dann kommt einer und bringt seine ganzen Spezln mit", berichtet etwa der frühere Kommandant der Unterhachinger Feuerwehr, Josef Gmeinwieser, und verweist darauf, dass sein Nachfolger sowie dessen neuer Stellvertreter ihr Handwerk bei der Jugendfeuerwehr gelernt haben. Und auch das weibliche Geschlecht ist inzwischen herzlich willkommen, im Landkreis München ist der Mädchen-Anteil mit circa 20 Prozent sogar vergleichsweise hoch. Vor zwei Jahren wurde in Höhenkirchen in Nikola Schwaiger die erste Frau im Landkreis zur Kommandantin gewählt.

Umstritten ist eine weitere Maßnahme zur Nachwuchsbindung: die Herabsetzung des Eintrittsalters von bisher 14 auf zwölf Jahre. Martin Bachmeier, Jugendwart in Aying, hält von regelrechten Kinderfeuerwehren wenig. Kreisjugendfeuerwehrwart Gerhard Bauer dagegen ist nach eigenen Angaben ein großer Verfechter von Kinderfeuerwehren, ebenso wie Reinhold Gaggermeier, Jugendwart bei der Feuerwehr Oberschleißheim. "Wir versuchen, die Kinder zu kriegen, bevor sie zu anderen Vereinen gehen", sagt Gaggermeier. Vor drei Jahren haben die Oberschleißheimer das Eintrittsalter von 14 auf zwölf herabgesetzt und schreiben seither alle Jugendlichen an, die das zwölfte Lebensjahr vollendet haben. "Wir führen sie spielend an das Feuerwehrwesen heran", sagt der Jugendwart.

Spaß, Spannung und Kameradschaft verspricht die Ottobrunner Feuerwehr jugendlichen Interessenten, und das bereits seit 1958. Die Ottobrunner waren die ersten im Landkreis München, die eine Jugendfeuerwehr aus der Taufe hoben. Über 75 Prozent der Einsatzkräfte haben ihr Feuerwehr-ABC bei der Jugendfeuerwehr gelernt", heißt es im Internetauftritt der Ottobrunner Wehr. Aktuell werden 22 Jugendliche in Ottobrunn auf Löschen, Retten und Bergen vorbereitet. Auf den morgigen Mittwoch, 15. April, freuen sich dabei die Jugendlichen schon wieder. Um 19 Uhr beginnen die Übungen mit allen Jugendlichen und ihren Ausbildern. Knotenkunde steht auf dem Programm, aber auch allerlei Theorie. Nach zweijähriger Ausbildung legen die Jugendlichen eine Prüfung vor der Kreisbrandinspektion ab, erhalten bei Bestehen einen Funkwecker und dürfen mit den Großen ausrücken.

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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