Fasching in München:Gebiss zum Morgengrauen

Kölner Jecken lächeln nur müde über das Treiben an der Isar. Aber ist der Münchner Fasching wirklich so schlimm wie sein Ruf? Ein Streifzug durch die Faschingsnacht.

Lisa Sonnabend und Beate Wild

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(Foto: N/A)

Fasching an der Isar? Kölner Jecken werden nur müde lächeln. Es sind aber vor allem die Münchner selbst, die gerne über den eigenen Fasching lästern. Eine nächtliche Tour zu vier Faschings-Bastionen der Stadt zeigt aber ein ganz anderes Bild: Offenbar gibt es auch in München sehr viele Menschen, die sich gerne dem hemmungslosen Treiben, der Verkleidung und dem Tanz hingeben.

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(Foto: Lisa Sonnabend)

20:15 Uhr: Ballnacht im Deutschen Theater Beim Faschingsball im Deutschen Theater geht es zu wie auf einem ausgebuchten Kreuzfahrtschiff. Die Musik gleitet sanft dahin. In Abendgarderobe bewegen sich 30- bis 90-Jährige im Takt, wobei die 90-Jährigen in der Überzahl sind: vor, zurück, Wiegeschritt. Die Tänzer, die auf dem Parkett keinen Platz mehr finden, weichen zwischen die Tische aus. Der Ball hat vor 15 Minuten begonnen, doch der Höhepunkt ist bereits erreicht.

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(Foto: Lisa Sonnabend)

Im Deutschen Theater ruft niemand Helau oder Alaaf, stattdessen fragt ein Herr höflich: "Darf ich bitten?" Die Besucher tragen Uniform: schwarzer Anzug, elegantes Abendkleid. Eine Blondine, die ein pinkes Sommerkleidchen trägt und beim Tanzen ungestüm mit dem Po wackelt, fällt schon ins Auge.

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(Foto: Lisa Sonnabend)

Zeit für eine Showeinlage. Die Besucher ziehen sich an die nummerierten Tische zurück. "Den rechten Arm nach oben", animiert ein Moderator. Nur mürrisch machen die Ballbesucher mit. Sie sind schließlich nicht zur Seniorengymnastik gekommen.

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(Foto: Lisa Sonnabend)

Endlich entert der 88-jährige Hugo Strasser mit Klarinette die Bühne und gibt seiner Generation Tanzhilfe: "Jetzt ein Jive." Die Band spielt "Just a Gigolo". Die Herren, die eben nur mühsam die Treppenstufen hinuntergekommen sind, umgarnen leichten Schrittes die Damen. Beim Verlassen trifft man in Fröttmaning dann doch noch Narren: Der FC Bayern hat in der benachbarten Arena gerade gegen die Borussen aus Dortmund verloren. Die Fans grölen - allesamt verkleidet in roten Kostümen.

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(Foto: N/A)

22 Uhr: Weisse Feste, Max Emanuel Brauerei Sind wir etwa auf einem Betriebsausflug des Klinikums Großhadern gelandet? Oder warum tanzen hier überall aufwändig frisierte Ärzte, gut rasierte Chirurgen und heiße Krankenschwestern in knappen Outfits?

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(Foto: Catherina Hess)

Auf den zweiten Blick registriert man dann die Scharen von Ölscheichs, Piloten und Tennisspieler - alle in so strahlend weißen Kostümen, dass jeder Waschmittelhersteller Werbung damit machen könnte. Bei den Weissen Festen in der Max Emanuel Brauerei sind alle Verkleidungen erlaubt, nur die Farbe "weiß" ist vorgeschrieben. Es versteht sich von selbst, dass sich hier einige Berufssparten als Kostümvorbild geradezu aufdrängen.

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(Foto: N/A)

Die Stimmung könnte kaum besser sein: Das Publikum, Durchschnittsalter 30 Jahre, tanzt ausgelassen zu Gassenhauern von Robbie Williams, AC/DC und Jan Delay. Ein paar wenige Gäste sind auch anwesend, die die Weißen Feste noch aus ihren Anfängen in den fünfziger Jahren in der Akademie der Künste kennen dürften - zumindest ihrem Alter nach zu urteilen.

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(Foto: N/A)

Ein bisschen fühlt man sich in der Max Emanuel Brauerei in die Achtziger Jahre zurückversetzt: Wände und Decken sind mit weißen Stofftüchern verkleidet. Ein Schwarzlicht taucht Räume und Gäste in leuchtend blaues Licht, alles Weiße reflektiert - bei Gästen mit offenbar gebleichten Zähnen sogar das ganze Gebiss.

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(Foto: N/A)

Dann tanzt ein Ölscheich heran, der prompt mit Rennwagen, Privat-Jet und Diamanten prahlt. Als die angesprochenen Damen nicht anbeißen, muss er grinsen. Ein Versuch war es wenigstens Wert. Weitere "Weisse Feste" gibt es noch am 3., 4., 5., 7. und 8. März, jeweils ab 20 Uhr. Max Emanuel Brauerei, Adalbertstr. 33.

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(Foto: N/A)

23.30 Uhr: Narrhalla Confetti-Ball, Nockherberg Der Nockherberg ist fast so eine herbe Enttäuschung wie für den Monaco Franze und den Kopfeck Manni seinerzeit der Donnersberger Hof: Statt einer hemmungslosen Faschingsgaudi trifft man auf einen fast leeren Festsaal, in dem nur noch ein harter Kern von Karnevalsfans vor der Bühne zu Schlagern einer Live-Band hin- und herhüpft.

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(Foto: N/A)

Die Veranstaltung der Faschingsgesellschaft Narrhalla hat schon einmal bessere Tage gesehen. Wobei man fairerweise sagen muss, dass die kleine Gruppe, die anwesend ist, ihren Spaß hat. Am Eingang werden zum Anheizen der Stimmung schließlich Konfetti für einen Euro verkauft.

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(Foto: N/A)

Auch die Kostüme sind überzeugend gut gemacht. Der Pirat von heute ist zwar nicht mehr der "Herr der sieben Meere", sondern eher "Captain Jack Sparrow" aus "Fluch der Karibik", aber auch prächtige Rokoko-Kostüme im Stil vom "Spatzl" fallen auf.

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(Foto: N/A)

Als der AC/DC-Hit "Highway to Hell" ertönt, wirft sich ein Angus-Young-Double auf die Knie und bearbeitet leidenschaftlich seine aufblasbare Gitarre. Ein Mann mit zurückgegelten Haaren und Brille. Man kommt kurz ins Grübeln. Bei näherem Hinsehen kann jedoch eine Ähnlichkeit mit unserem Verteidigungsminister ausgeschlossen werden. So gut kann dieser ja bekanntlich nicht kopieren.

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(Foto: N/A)

Dann stielt ihm eine Catwoman im knallengem Lackanzug die Show. Aufreizend tanzt sie mit ihrem Begleiter, der ihr verliebt ins Dekolleté blickt. Das wiederum hätte dem Monaco sicher gefallen. Weitere Narrhalla-Bälle: 5. März ab 20.30 Uhr: Carneval in Rio. Und 8. März ab 20 Uhr: Faschingsfinale, jeweils im Hotel Bayerischer Hof, Promenadeplatz 2

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(Foto: N/A)

1 Uhr, Kellerfasching im Biedersteiner Studentenwohnheim Der Mülleimer hat sich für diesen Abend richtig in Schale geworfen. Auf dem Kopf thront ein Pizzakarton, an dem blauen Beutel sind Bierdosen befestigt - und dort, wo sich der Pillermann drunter verbirgt, hängen zwei Überraschungseier.

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(Foto: N/A)

Bei Münchens beliebtesten Studentenfasching im Keller des Biedersteiner-Wohnheims sind die Kostüme in der Regel nicht wertvoll, aber dafür originell. Die meisten Studenten haben sie - wie bei einer Doktorarbeit - in mühevollster Kleinarbeit selbst angefertigt. Neben Mülleimern tummeln sich Bananen, Könige, Bauarbeiter und Schlümpfe auf der Tanzfläche.

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Auch ein neuer Verkleidungstrend ist im Biedersteiner auszumachen: Mehrere Besucher sind als "Dein Facebook-Freund" gekommen - und haben sich das Logo der Community-Webseite auf die Brust geklebt. Am DJ-Pult im Hip-Hop-Raum rappt ein Ölscheich im Muezzin-Stil: "Wir feiern alle im Biedersteiner." Die Menge johlt und tanzt.

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(Foto: N/A)

In einem anderen Raum legt ein Zwerg Rocknummern auf. Die Decken im Biedersteiner sind tief, die Räume und Gänge überfüllt. Wer sich an der Bar noch einen Schnaps für einen Euro kaufen will, muss sich an durchgeschwitzten Körpern vorbeischieben. Ins Gespräch kommen die Studenten dementsprechend schnell. Ein Matrose hält eine Marienkäferdame einfach am Träger fest und zieht sie zu sich. Zwischen Kennenlernen und Knutschen liegt oft nur eine Minute. Namen und Charakter sind unwichtig, auf das Kostüm kommt es an.

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(Foto: N/A)

Am Morgen danach schreibt jemand in das Online-Gästebuch: "Taucher sucht Badenixe: Ich habe dich leider nicht mehr gefunden, bitte melde dich." A bisserl was geht immer - auch beim Münchner Fasching. Weitere Termine für den Biedersteiner Kellerfasching: 5. März ab 21 Uhr. Biedersteiner Atriumfasching: 7. März ab 21 Uhr.

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