Fahrgast verklagt MVG:Fünf Jahre Streit um 1,25 Euro

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Nach einem Streiktag im Nahverkehr verlangt ein Fahrgast sein Geld zurück. Über den Fall entschied nun ein Gericht.

Ekkehard Müller-Jentsch

Seit fast fünf Jahren streitet ein Münchner mit der städtischen Verkehrsgesellschaft um 1,25 Euro. "Wenn ich nicht fahren kann, will ich auch nicht bezahlen", erklärte der Mann nach dem Streik der städtischen Bus- und Bahnfahrer. Er forderte seinen Abonnementpreis anteilig zurück. Den Streit ums Kleingeld musste schließlich ein Amtsrichter entscheiden - sein Urteil stellt die Verkehrsbetriebe nun von der Nachforderung frei.

MVG stellt neue Straßenbahn vor, 2010 Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) stellt in der Einsteinstrasse ihre neue modernisierte Tram vor. Vor allem der Innenraum ist besser ausgestattet. Im Bild ein Fahrscheinautomat mit den Tasten "Single" und "Partner". (Foto: Catherina Hess)

Für damals 435 Euro hatte der Mann Anfang November 2004 bei der städtischen Verkehrsgesellschaft MVG ein Jahresabonnement gekauft. Bevor es Ende Oktober 2005 auslief, hatte die Gewerkschaft Verdi am 15.September 2005 zu einem ganztägigen Streik aufgerufen: Sämtliche U-Bahnen, Trambahnen und Busse im städtischen Nahverkehr fuhren nicht. Deshalb forderte der Kunde für diesen Tag 1,25 Euro vom Abo-Preis zurück: Weil die ausgefallene Leistung nicht mehr nachgeholt werden könne, habe das Unternehmen auch keinen Anspruch auf diesen anteiligen Betrag.

Die MVG dachte gar nicht daran, dem Mann diesen Betrag zu geben: Schließlich könne sie für den Streik nichts. Und wie der Kunde ausgerechnet auf 1,25 Euro gekommen sei? Er könne die Verkehrsmittel doch schließlich unbeschränkt nutzen: Fahre er zum Beispiel täglich viermal, unternehme er im Jahr 1460 Fahrten - eine Fahrt koste dann also bloß 30 Cent. Im Übrigen schließe der Paragraphzwölf der Beförderungsbedingungen bei sogenannten Betriebsunterbrechungen Ersatzansprüche aus.

Der Münchner klagte daraufhin vor dem Amtsgericht. Allerdings verlangte er jetzt nur 1,23 Euro. Die Höhe seiner Forderung ergäbe sich aus dem Preis geteilt durch die Laufzeit seiner Karte von 353 Tagen, erklärte er dem Richter. Der wies die Klage trotzdem ab: In den Beförderungsbedingungen seien damals Schadensersatz- oder Rückzahlungsansprüche wirksam ausgeschlossen gewesen. Die Klausel sei auch keineswegs überraschend, wie der klagende Fahrgast daraufhin eingewendet hatte, "weil ein Kunde bei einem Streik ohnehin nicht mit einer Rückzahlung rechnet", meinte der Richter. "Eine Erstattung würde nämlich einen völlig unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für minimale Erstattungsbeträge erfordern." Sein Urteil ist rechtskräftig (Az.:113C21599/09).

Inzwischen hat die MVG ihren Fahrgästen zwar eine Garantie gegeben, dass für Verspätungen von mehr als 20 Minuten je Betriebsstörung 5,20 Euro erstattet werden und sogar Taxikosten von 25 Euro, wenn der Fahrgast wegen der Verspätung den letzten Anschluss verpasst. Diese Garantie gilt jedoch ausdrücklich nicht für Streiks, verstopfte Straßen, extreme Wettersituationen, blockierte Gleise oder bei Unfällen - also nicht für unverschuldete und unvorhersehbare Vorfälle. Auch die Beförderungsbedingungen wurden mittlerweile geändert. Der alte Paragraph zwölf entspricht dem jetzigen Paragraphen 15: Er schließt Schadensersatz bei Fahrplan-Abweichungen durch Verkehrsbehinderungen, Betriebsstörungen oder - unterbrechungen aus.

© SZ vom 22.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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