Erhöhte Konzentration:Legionellenalarm in Aschheim

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Die Bewohner eines Mehrfamilienhauses dürfen wegen des Testergebnisses nicht duschen

Von Frederick Mersi, Aschheim

Seit einer Woche herrscht Duschverbot im Mehrfamilienhaus der Münchner Straße 21. Der Grund: Bei einer Kontrolluntersuchung des Leitungswassers wurde eine stark erhöhte Legionellen-Konzentration gemessen. Mit einem Aushang wurden die Bewohner des Hauses vor einer "akuten Gesundheitsgefährdung" gewarnt. Der gesetzlich festgeschriebene technische Maßnahmenwert beträgt 100 koloniebildende Einheiten (KBE) pro 100 Milliliter Wasser, in der Münchner Straße wurden 13 000 KBE im Warmwasser erfasst. Innerhalb der nächsten drei Wochen müssen nun aufwendige Reinigungsmaßnahmen erfolgen.

Seit Jahresbeginn wurden dem Landratsamt München aus dem gesamten Landkreis 216 auffällige Befunde aus 6000 bis 7000 untersuchungspflichtigen Anlagen gemeldet. Florian Kissing, Leiter des Sachgebiets für Gesundheitsschutz, Gesundheitsberichterstattung, und Kinder- und Jugendgesundheitspflege im Landratsamt, nennt als häufigste Ursache für die vermehrte Bildung der stabförmigen Bakterien tote Leitungen und ungenutzte Wohnungen. "Bei der Hitze kann dann auch das Kaltwasser betroffen sein", sagt er. Um sich zu vermehren, benötigen Legionellen eine Wassertemperatur von 20 bis 60 Grad.

Der vorliegende Wert reiche aus, um bei "empfindlichen Menschen", also Kindern, immungeschwächten Personen und älteren Menschen, zu einer Infektion zu führen, so Kissing. Wenn umliegende Anwesen an dasselbe Wasserleitungssystem angeschlossen seien, "könnte es auch dort Probleme geben", sagt er und fügt hinzu: "Wir werden auch da Vorgaben machen, dass es Kontrollen gibt." Im vorliegenden Fall müsse ein Ingenieursbüro den Installationsplan untersuchen.

Der Konsum des belasteten Wassers ist an sich ungefährlich, auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist bisher nicht bekannt. Trotzdem wurden die Bewohner der Münchner Straße zusätzlich angewiesen, nur abgekochtes Wasser für die Speisezubereitung zu verwenden. Über Wasserdampf in den Atemwegen ist eine Infektion mit Legionellen wahrscheinlicher, beispielsweise beim Duschen oder in Whirlpools. Dann können die Erreger das sogenannte Pontiac-Fieber mit Fieber, Husten und Muskelschmerzen oder die Legionellose, auch Legionärskrankheit genannt, mit teilweise tödlich endenden Lungenentzündungen auslösen.

Die Legionärskrankheit ist in Deutschland äußerst selten: Im Jahr 2014 registrierte das Robert-Koch-Institut, das dem Bundesgesundheitsministerium zugeordnet ist, insgesamt 860 Fälle von Legionellose in ganz Deutschland, in Bayern waren es 168. Dabei gibt es jedes Jahr aufgrund der hohen Temperaturen und der vielen Urlaubsreisen einen saisonalen Anstieg zwischen Juli und September. Auch deshalb bleibt Kissing gelassen bezüglich des Aschheimer Falls. "Ich habe schon Werte von über einer Millionen Einheiten gesehen", sagt er. Häufig seien solche Konzentrationen auch reine Zufallsfunde. "Manchmal erwischt man's, manchmal eben nicht", sagt er daher. Die deutsche Trinkwasserverordnung schreibt Kontrollen für alle Großanlagen zur Trinkwassererwärmung in einem Turnus von drei Jahren vor. Kürzere Abstände wären möglich, aber teuer. "Das steigert die Mietnebenkosten erheblich", sagt Kissing. Es sei "ein schmaler Grat" zwischen Effizienz und Sicherheit. "Hundertprozentige Sicherheit kann man da nicht bekommen", sagt er.

"Den Vermieter trifft eine bestimmte Verantwortung und Haftung für den Zustand der Trinkwasserleitungen", sagt der Ismaninger Rechtsanwalt Wolfgang Weber. Falls der technische Maßnahmewert wesentlich überschritten wird, könnten Mieter daher für den betreffenden Zeitraum eine Mietminderung verlangen - auch ohne gesundheitliche Beeinträchtigung. Doch zunächst gilt es, auf Nummer sicher zu gehen. In der Münchner Straße 21 heißt das vorerst: viel Wasser kochen und Duschverbot.

© SZ vom 25.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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