Die kleineren Parteien:Die Liberalen sind so frei

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Gut gelaufen für die FDP: Direktkandidat Axel Schmidt (links) feiert mit seinen Parteifreien im Hofbräukeller. (Foto: Friedrich Bungert)

Gerold Otten von der AfD ist mit dem Ergebnis seiner Partei nur bedingt zufrieden, zieht aber wieder in den Bundestag ein. FDP-Bewerber Axel Schmidt freut sich über das Resultat, auch wenn er selbst keine Chance auf ein Mandat hat. Die Reaktionen der Kandidaten

Von S. Galler, I. Gnau, B. Lohr und M. Mühlfenzl, Landkreis

Gerold Otten ist auf der Rückreise von der AfD-Wahlparty in Greding und nur bedingt zufrieden. "Ich hätte mir schon ein besseres Ergebnis gewünscht", sagt der Bundestagsabgeordnete aus Putzbrunn. "Aber der Trend hatte sich so abgezeichnet." Für Otten selbst ist das magere Abschneiden seiner Partei im Bund und insbesondere im Landkreis München, wo er nach 8,4 Prozent der Erststimmen im Jahr 2017 diesmal nur noch auf 5,0 kam, kein Problem - Otten ist mit Platz neun auf der AfD-Landesliste abgesichert und wird auch dem 20. Deutschen Bundestag angehören.

Der Einbruch seiner Partei im Landkreis sei aber nicht dem eigenen Wahlkampf geschuldet, der Landkreis sei ohnehin ein schweres Pflaster für die AfD, sagt Otten. Grüne und FDP könnten hier eher reüssieren. Hinzu komme, so Otten, dass in den vergangenen Wochen Themen den Wahlkampf dominiert hätten, bei denen die AfD nicht hätte punkten können und die sie sogar eher Aufmerksamkeit gekostet hätten. "Wer wird Kanzler? Was wird mit Rot-Rot-Grün? Das waren die Fragen." Er selbst glaubt nun, dass es in Berlin auf Jamaika hinauslaufen wird.

"Das Ergebnis begeistert mich natürlich", sagt Axel Schmidt im Münchner Hofbräukeller bei der Wahlparty der Bayern-FDP. Zum zweiten Mal hintereinander erreicht die FDP mehr als zehn Prozent Zustimmung bundesweit und wird damit zur Königsmacherin in Berlin, gemeinsam mit den Grünen. Für Schmidt selbst wird es dennoch nichts werden mit dem Bundestag - das Direktmandat war nie wirklich in Reichweite und um mit dem 21. Rang über die Landesliste einzuziehen, bräuchten die Liberalen doch noch deutlich mehr Stimmen. Darauf hatte sich Schmidt längst eingestellt. Der Oberhachinger hat trotzdem einen engagierten Wahlkampf geführt und freut sich nun auf "ein bisschen Urlaub" im Oktober, wie er sagt. Mit seinem eigenen Ergebnis ist er zufrieden angesichts der starken Konkurrenz. Er habe sich nur gewünscht, in seiner Heimatgemeinde mehr Stimmen zu bekommen als bei der Bürgermeisterwahl 2020, sagt Schmidt und lacht. Wäre er in den Bundestag gekommen, hätte er sich dafür eingesetzt, diesen möglichst rasch wieder zu verlassen: Als Einsatz an der Demokratie, um das aus seiner Sicht viel zu aufgeblähte Gremium wieder zu verschlanken.

Auch der FDP-Kreisvorsitzende Michael Ritz ist zufrieden mit den Zahlen. Das "Damoklesschwert" einer rot-rot-grünen Regierung sei abgewendet, das sei "eine große Erleichterung", sagt der Grünwalder. Dass es im Bund wohl auf eine Zusammenarbeit zwischen Liberalen und den Grünen hinausläuft, darin sehen sowohl Ritz als auch Schmidt eine Chance. "Ich gehe davon aus, dass FDP und Grüne der Motor dieser Regierung sein werden", so Schmidt. Eine ökonomisch-ökologische Zukunftsverbindung also? In vielen Punkten lägen Liberale und Grüne nicht so weit auseinander, wie manche dächten, sagt Schmidt, etwa bei der Europapolitik oder dem Ziel, niedrige Einkommen zu entlasten. "Ich bin sicher, viele in der Partei werden ihre Aversion gegen die Grünen ablegen." Ob solch eine Verbindung dann mit roter oder schwarzer Unterstützung gelingt? Kreisvorsitzender Ritz favorisiert ein Jamaika-Bündnis. Aber auch die Vorstellung einer Ampel verschaffe ihm keine schlaflosen Nächte. "Solange die Ministerien richtig aufgeteilt werden."

Linken-Direktkandidatin Katinka Burz sitzt mit ihren Parteifreunden im Café Sehrwohl im Münchner Westend zusammen. Sie lacht am Telefon, aber die Stimmung ist doch bedrückt. "Es ist bitter", räumt sie offen ein. Die sozialen Verwerfungen seien offensichtlich, doch die Leute zögen nicht die erwartbaren Schlüsse daraus. Einen Grund sieht die Kirchheimer Kreisrätin auch in der Rote-Socken-Kampagne, die auch CSU-Kandidat Florian Hahn auf Facebook befeuert habe, um die Linke zu diskreditieren. 2017 kam die Partei noch auf 3,9 Prozent der Direktstimmen, jetzt auf etwas mehr als zwei Prozent. Burz erklärt sich das damit, dass die damalige Kandidatin Eva-Maria Schreiber noch einen aussichtsreichen Listenplatz hatte. Sie selbst steht auf Platz 21, ein Einzug in den Bundestag war nie in Sicht.

Der Direktkandidat der Freien Wähler muss sich für sein Ergebnis keineswegs verstecken: Ziemlich genau vier Prozent der Stimmen hat Quereinsteiger Gerhard Kißlinger erreicht. "Ich bin total zufrieden", gibt der Planegger durch. "Er hat das Ergebnis der Freien Wähler klar verbessert und damit das in ihn gesetzte Vertrauen bei seiner ersten Kandidatur gerechtfertigt", ergänzt der neue Kreisvorsitzende der Freien Wähler, Otto Bußjäger.

Nach einem engagierten Wahlkampf mit Podiumsdiskussionen und einem eigenen Podcast sprang nur ein Prozent heraus - der Ottobrunner Yannick Rouault kann als Direktkandidat der ÖDP seine Enttäuschung nicht verbergen. Viele hätten taktisch gewählt, sagt er, weil ein knapper Ausgang zu erwarten gewesen sei. Das habe ihm geschadet. Auch die Warnung vor einem Linksrutsch habe offenbar gewirkt.

© SZ vom 27.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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