Das wird diese Woche wichtig:Gegen den Herzschmerz

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Endlich wieder Betrieb: Das Unterföhringer Jugendzentrum FEZI macht wieder auf, Mitarbeiterin Mimi freut sich. (Foto: Claus Schunk)

Enge Wohnverhältnisse und verunsicherte Eltern: Während des Lockdowns hätten die Jugendfreizeitstätten im Landkreis Heranwachsenden Halt bieten können. Nun nehmen sie nach und nach ihren Betrieb wieder auf

Von Julia Fietz, Oberschleißheim/Unterföhring

Auf der Kinder- und Jugendfarm in Unterföhring ist es in den vergangenen Monaten stiller gewesen als sonst. Die Schafe blökten zwar weiterhin, die Pferde wieherten und die Hühner gackerten. Was fehlte, waren Kinder und Jugendliche. Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen hatten die Farm und die Jugendfreizeitstätte Fezi im März schließen müssen. An diesem Dienstag treffen sich die Hühnerfreunde zum ersten Mal wieder im Stall und können die neugeborenen Küken begutachten.

Im Fezi werden im Laufe der Woche Töpferkurse angeboten, außerdem Treffen auf der Farm zum Hüttenbau und Schnitzen. Während in Unterföhring schrittweise der Betrieb wieder anläuft, warten andere Jugendzentren im Landkreis noch auf die Abnahme ihrer Hygienekonzepte. Das Fezi ist eines von über 30 Jugendzentren und Jugendtreffs in Trägerschaft des Kreisjugendrings (KJR) München-Land. Bevor eine Einrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit wieder öffnen kann, benötigt sie die Genehmigung der Geschäftsstelle für ihr Schutzkonzept. Der KJR stellt eine Vorlage mit den Mindestanforderungen zur Verfügung, die vor Ort individuell abgestimmt ergänzt wird. Laut Geschäftsführer Markus Fink hätten bisher drei Einrichtungen im Landkreis, darunter das Fezi, wieder mit einem eingeschränkten Betrieb begonnen. Im Laufe der Woche kämen weitere dazu.

"Wir überlegen ganz genau, was möglich ist an Aktionen", sagt Fezi-Leiter Manuel Schramm. Über die Internetseite könnten sich die Kinder und Jugendlichen einen Platz in den jeweiligen Angeboten buchen. Gleiches gelte auch für Treffen in Kleingruppen, für die täglich zwei Zeitfenster offengehalten würden. Die Gruppengrößen würden klein gehalten und Pausen eingeplant, um zwischendurch die Räumlichkeiten reinigen zu können, sagt Schramm. "Wo es irgendwie möglich ist, gehen wir auch nach draußen." Organisatorisches bedürfe aufgrund der hygienischen Auflagen nun einer sehr genauen Planung. Für jedes Angebot müsse ein eigenes Hygienekonzept entwickelt werden. Schramm macht die zusätzliche Arbeit nichts aus: "Wir sehen das weniger als Aufwand, sondern mehr als Aufgabe, die wir angehen können." Den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen hätten die Mitarbeiter zuletzt über Telefon und Chats gehalten. Trotzdem sind die Mitarbeiter des Fezi und der Farm froh über die Wiedereröffnung. "Unsere Arbeit lebt von der gemeinsamen Interaktion, vom gemeinschaftlichen Erleben", so Schramm. Zwar habe die Digitalisierung die Zeit des Lockdowns maßgeblich erleichtert, sagt auch Marcus Fink, aber: "Die unmittelbare Beziehungsarbeit mit den Kindern und Jugendlichen bleibt unersetzbar."

Manuel Schramm zeigt sich zufrieden mit den ersten Tagen. "Mein Eindruck ist, dass sich die Kinder und Jugendlichen sehr freuen und die schrittweise Vorgehensweise gut akzeptieren können." Die Umsetzung der neuen Regeln habe gut funktioniert. In die Planung der nächsten Angebote würden die Kinder und Jugendlichen aktiv miteinbezogen werden.

Eine vorherige Anmeldung ist in Zukunft auch im Planet O in Oberschleißheim gefordert. Die Mitarbeiter des Jugendzentrums stehen in den Startlöchern, müssen aber noch die Abnahme des eingereichten Hygienekonzepts abwarten. Leiter Deniz Dadli ist guter Dinge, dass es bald so weit sein wird: "Ich bin optimistisch, bleibe aber auch ein Realist." So wie vorher werde es im Planet O natürlich aufgrund der Auflagen nicht werden. "Abstand halten, in eine Liste die Ankunftszeit und den Namen eintragen, Kicker und Disco sind nicht möglich, Umarmungen gehen auch nicht", so Dadli. Regelmäßig werde gelüftet und alles desinfiziert. Deniz Dadli arbeitet seit 21 Jahren im Planet O, kennt zum Teil drei Generationen verschiedener Familien. Die Schließung sei ihm sehr schwergefallen, sagt er. "Mein Herz schmerzt, wenn wir nicht öffnen können." Die Kinder und Jugendlichen könnten es kaum abwarten. Als Geschäften mit einer Größe von 800 Quadratmetern der Betrieb wieder erlaubt war, wurde Dadli mit Anrufen praktisch bombardiert. "Alle haben mich gefragt, ob wir jetzt auch wieder öffnen dürfen". Per Videochat und Telefon hätten die Mitarbeiter regelmäßig in Kontakt mit ihnen gestanden, bei Hausaufgaben geholfen, Ängste abgebaut und aufgemuntert. Enge Wohnverhältnisse, verunsicherte Eltern und die allgemeine Stimmung gingen nicht spurlos an den Jugendlichen vorbei, betont Dadli. Etwas Ablenkung hätte das Planet O trotz Schließung über Videos bieten können, etwa zum Thema Kochen oder gemeinsames Spielen. "Eine richtige Gaudi war das."

© SZ vom 15.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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