Folgen der Corona-Pandemie:Das Ende des Dornröschenschlafs

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In der "Alten Gärtnerei" in Taufkirchen finden sonst Hochzeiten statt. Maria Lucas weiß nicht, wann wieder gefeiert wird. (Foto: Claus Schunk)

Gärtnereien dürfen diese Woche wieder öffnen, Blumengeschäfte müssen warten. Alle versuchen, auf kreative Weise die Verluste zu kompensieren. Aber trotzdem gibt es bei einigen Kurzarbeit.

Von Selina Trummer, Taufkirchen/Unterhaching

Eine Hochzeit ist ein großer Schritt und ein besonders emotionales Erlebnis, das oft weit im Voraus geplant wird. Die Einladungen sind verschickt und die Vorfreude ist groß. Es kann nichts mehr dazwischenkommen. Außer eine weltweite Pandemie. "Viele Bräute haben geweint", sagt Maria Lucas, Inhaberin der "Alten Gärtnerei" in Taufkirchen. Nachdem Mitte März die meisten Geschäfte zusperren mussten, durften auch keine Veranstaltungen mehr in ihrer Event- und Hochzeitslocation stattfinden.

Die Saison startet Anfang März und geht bis kurz vor Weihnachten. Normalerweise fänden jedes Wochenende Hochzeiten in den Gewächshäusern statt. "Es hat uns voll getroffen", sagt die Inhaberin. Getroffen habe diese Situation auch die Brautpaare, die ihre Hochzeit teilweise schon ins nächste Jahr verschieben mussten. Viel schlimmer sei es aber für jene, die noch darauf hoffen, dass ihre geplante Hochzeit im Juni, Juli oder August stattfinde. Doch derzeit weiß niemand, wann solche Veranstaltungen wieder erlaubt seien.

Astrid Beck in Taufkirchen durfte durchgehend das Gemüse weiter verkaufen. (Foto: Claus Schunk)

Etwas anders sieht die Situation für Astrid Beck aus. Sie leitet gemeinsam mit ihrem Mann die Gärtnerei Beck in Taufkirchen. Weil der Familienbetrieb zusätzlich zu Floristik, Gartenbau und Grabpflege auch einen Obst- und Gemüseverkauf betreibt, durfte die Gärtnerei weiterhin geöffnet bleiben. Verkauft werden Gemüsepflanzen und alle Produkte, die sofort verzehrbar sind. Alles Weitere müsse ausgeliefert werden, sagt Beck. Der gesamte Prozess sei viel aufwendiger, werde jedoch gut angenommen. Sie hielten sich strengstens an die Beschränkungen, auch wenn das bei manchen Kunden nicht sehr gut ankomme. "Wir geben keinen Strauß hinten raus und halten uns an alle Hygienevorschriften." Teil der Verordnung sei auch, dass die Mitarbeiter den Kunden im Geschäft keine Blumen zeigen dürften. Doch nun werde es aufgrund der Lockerungen der Staatsregierung besser. Vom 20. April an dürfen Bau- und Gartenmärkte sowie Gärtnereien wieder öffnen. "Das erleichtert uns brutal die Arbeit", sagt Beck. Ob von Montag an nur Pflanzen und Erden verkauft werden dürfen, oder auch der Verkauf von Schnittblumen wieder erlaubt sei, wisse sie noch nicht. Gut wäre es aber, denn die Supermärkte würden mit ihrem Blumen- und Pflanzenangebot zu einer immer größeren Konkurrenz.

"Für uns ist die Pflanzsaison hinfällig."

Auch das Blumenhaus Ertl in Unterhaching macht sich Gedanken um den Verlust von Kunden an Supermärkte. Isabel Kameter, Mitarbeiterin im Marketing und Backoffice, vermutet, dass einige nach der Öffnung nicht mehr zurückkommen könnten. Seit 18. März ist das Blumenhaus geschlossen. Bei den Schließungen wurden Blumengeschäfte als Untergruppe von Bau- und Gartenmärkten sowie Gärtnereien eingeschlossen. Deshalb ging Kameter davon aus, mit diesen wieder öffnen zu dürfen. Diese Hoffnung wurde enttäuscht. Der Floristenverband teilte am Wochenende mit, in Bayern dürften Blumenläden - anders als zunächst angenommen - erst am 27. April wieder ihr Geschäft aufmachen.

Isabel Kameter vom Blumenhaus Ertl darf erst am 27. April öffnen. (Foto: Claus Schunk)

Solange geschlossen ist, werden Bestellungen telefonisch oder via E-Mail entgegengenommen und geliefert. Der Kundenverkehr sei eingestellt und Veranstaltungen wie Taufen oder Geburtstage seien bis Mai storniert. Ähnlich wie auch in der Gärtnerei Beck sei der Aufwand zur Auftragsbearbeitung in Relation zum Umsatz sehr hoch. "Für uns ist die Pflanzsaison hinfällig", sagt Kameter. Die meisten potenziellen Kunden seien mit der Bepflanzung von Garten oder Balkon schon fertig. Trotzdem werde versucht, den Kopf nicht in den Sand zu stecken. "Es wird immer enger, die Luft wird weniger, aber wir freuen uns über unsere treuen, lieben Stammkunden", sagt die Tochter der Geschäftsführung. Der Arbeitsalltag habe sich stark verändert, da auf Kurzarbeit umgestellt werden musste. Jeder habe einen festen Platz, der nicht verlassen werden dürfe. "Außerdem arbeiten wir ja sowieso mit Handschuhen und halten einen Abstand von mindestens 1,5 Metern zueinander ein", sagt Kameter.

Ein Gemüsegarten als Übergangslösung

Auch die "Alte Gärtnerei" musste auf Kurzarbeit umstellen. Die meisten Mitarbeiter befinden sich laut Maria Lucas im Home-Office. Nur sie, ihr Mann und ihre Söhne arbeiten daran, einen Gemüsegarten als Übergangslösung anzubauen. "Wir haben schon Erfahrung damit, aber es ist eigentlich nicht unser Haupterwerb." Geplant sei, das Gemüse an der Bundesstraße zu verkaufen, um über die Runden zu kommen. Denn es könne ja sein, dass für den Rest des Jahres keine Events mehr stattfinden dürfen. Im Moment fließe das Privatvermögen in die Firma, um den Kopf über Wasser zu halten. "Ich bin total traurig, die Zeit wäre gerade ideal für Hochzeiten." Alles blühe wunderschön, das Wetter sei perfekt - aber niemand könne es sehen.

In der Gärtnerei Beck sind die Blumen und Pflanzen aus eigenem Anbau alle gut weggegangen, aber Lieferungen von Schnittblumen beispielsweise aus Italien sind schwierig. Den Kunden könne momentan nur ein beschränktes Angebot zur Verfügung gestellt werden, heißt es. Vor allem aufgrund von Mundpropaganda fehle es an diesen zumindest nicht. "Die Trommeln funktionieren gut, vor allem zu Ostern", sagt die Geschäftsleiterin. Das sei gut, aber auch ein wahnsinniger Arbeitsaufwand. Zumindest müsse aufgrund der Auslastung momentan nicht wie anderswo über Kurzarbeit nachgedacht werden. Doch weil sich der Verkauf momentan auf Obst und Gemüse konzentriert, werden Schnittblumen teilweise weggeschmissen.

Isabel Kameter spricht hingegen vor allem von Pflanzen für draußen, die nicht wie geplant verkauft werden können. Die Ware sei schon bestellt und müsse nun zum Teil kompostiert werden. "Wir müssen gerade von heute auf morgen arbeiten." Dabei könnten gerade in dieser Zeit Blumen wichtig für das Seelenwohl der Menschen sein, sagt Kameter. Viele haben Blumen nicht mehr am Schirm, aber wenn Personen alleine zu Hause ohne Balkon sitzen, freuten sich die meisten bestimmt über einen schönen Strauß. Die kleinen, in Vergessenheit geratenen Gesten könnten gerade jetzt besonders guttun.

© SZ vom 20.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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