Bürgerentscheid zum Schlachthof:Entscheidung an der Urne

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Das von Bernhard Goldemund, Sabine Maier und Robert Ertl initiierte Bürgerbegehren hatte Erfolg: Die Aschheimer stimmen über den Schlachthof ab. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Aschheimer Gemeinderat lässt die Wähler über den umstrittenen Schlachthof entscheiden und sucht den sachlichen Dialog mit den Bürgern. Bei einigen Gegnern bleibt dennoch ein fader Nachgeschmack

Von Irmengard Gnau, Aschheim

Mit einem spontanen Applaus quittierten die zahlreichen Zuschauer der Aschheimer Gemeinderatssitzung, was Geschäftsleiter Christian Schürer unter Tagesordnungspunkt vier vortrug. Die rechtliche Prüfung der Verwaltung hat bestätigt, dass das Bürgerbegehren gegen die Ansiedlung eines Schlachthofs formell einwandfrei ist. Insgesamt 1612 gültige Unterstützerunterschriften hatten die Initiatoren, zu denen auch die beiden Gemeinderäte Robert Ertl und Günter Sassmann von der Freie-Wähler-Fraktion zählen, gesammelt und im Rathaus eingereicht - nötig wären 667 gewesen.

Die stimmberechtigten Mitglieder des Gemeinderats - ohne die aufgrund ihrer führenden Rolle beim Bürgerbegehren befangenen Ertl und Sassmann - votierten einstimmig für die Zulassung des Begehrens. Die Mehrheit aus CSU und SPD wollte den von den Bürgern formulierten Forderungen gleichwohl nicht einfach folgen; so kommt es nun zu einem Bürgerentscheid über die Frage, an der sich mittlerweile ein Konflikt über die Aschheimer Ortsgrenzen hinaus entzündet hat. Als Termin wurde Sonntag, 9. Oktober, festgelegt. In einer Sondersitzung am 28. Juli will der Gemeinderat über die Formalien der Abstimmung entscheiden.

Die Gegner des Projekts sahen diese Entscheidung mit Genugtuung. Auch vor dem Rathaus wurde der Beschluss für ein Bürgervotum mit lautem Klatschen und Jubel aufgenommen. Dort hatten sich Tierschützer seit dem Nachmittag zu einer Demonstration zusammengefunden. Bis zu 60 Menschen waren dem Aufruf des Münchner Vereins Animals United gefolgt und hatten mit Transparenten, Mikrofon und Kostümen an der Ismaninger Straße unter dem Motto "Zeigt Herz und Mut gegen Kommerz und Blut" lautstark gegen den geplanten Schlachthof demonstriert. Man habe den Protest, der sich im privaten Kreis und im Internet gegen die Pläne der Gemeinde formiert habe, auch auf die Straße bringen wollen, erklärte Viktor Gebhart von Animals United. Tierrechtlerin Daniela Böhm, die in der Vergangenheit am Münchner Schlachthof regelmäßig zu sogenannten Mahnwachen aufgerufen hatte, kritisierte in ihrem Redebeitrag, das Projekt in Aschheim sei nicht nur unter Tierschutzaspekten abzulehnen; angesichts einer Überproduktion von Fleisch in Deutschland sei es außerdem unnötig, eine weitere Schlachtstätte zu bauen. Der Demonstration schlossen sich auch einige Aschheimer und Einwohner der Nachbargemeinde Kirchheim an, wobei die Beweggründe sich nicht nur auf den Tierschutz beschränkten, sondern auch verschiedene Befürchtungen einschlossen, das Projekt könne die Lebensqualität in der Umgebung beeinträchtigen.

Einig waren sich die Demonstranten in ihrer Kritik an der aus ihrer Sicht mangelhaften Informationspolitik von Bürgermeister Thomas Glashauser (CSU) und des Aschheimer Gemeinderats. Auch die Entscheidung der Mitglieder in der abendlichen Sitzung, neben dem Bürgerbegehren einem Ratsbegehren über die Ansiedlung des Schlachthofs zuzustimmen, begleiteten einige Zuhörer mit Murren. CSU- und SPD-Fraktion hatten das Ratsbegehren im Juni beantragt. Auf diese Weise kann der Gemeinderat den Bürgern zusätzlich zu den Fragen, die im Bürgerbegehren formuliert sind, eine eigene Frage zur Abstimmung vorlegen. Wie diese genau lautet, soll das Gremium in seiner Sondersitzung in zwei Wochen beschließen.

Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CSU, Carola Lampersberger und Rolf Dettweiler, verwahrten sich gegen den Vorwurf der Mauschelei und betonten den Wunsch, in Vorbereitung auf den Bürgerentscheid eine sachliche und ehrliche Diskussion über die Schlachthoffrage zu führen. Es sei nun essenziell, dass alle Vor- und Nachteile des Projekts auf den Tisch kämen und von den Bürgern auch zur Kenntnis genommen und entsprechend objektiv abgewogen würden, sagte Dettweiler. Lampersberger forderte die Aschheimer auf, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen und sich umfassend zu informieren. Dabei sehen beide Parteien den Investor in der Pflicht: Es sei an ihm, das Projekt nun "vollkommen transparent und ohne Tabus" der Öffentlichkeit vorzustellen, auch um Gerüchte zu entkräften, appellierte Lampersberger.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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