Bessere Infrastruktur:Gut vernetzt im Alter

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Der Landkreis München reagiert mit seinem "seniorenpolitischen Gesamtkonzept" darauf, dass hier im Jahr 2034 etwa 44 000 Menschen leben werden, die älter als 75 Jahre sind

Von Stefan Galler, Landkreis

Der medizinische Fortschritt macht es möglich: Die Menschen sterben im Durchschnitt immer später. Und weil die Zahl der Geburten weiterhin rückläufig ist, schreitet die Überalterung unserer Gesellschaft voran. Die daraus folgenden Probleme liegen auf der Hand. Höheres Lebensalter heißt nicht für jeden, dass er bis dorthin körperlich und geistig auf der Höhe ist - es mangelt schon jetzt an Pflegekräften. Und wie der Westdeutsche Rundfunk zuletzt herausfand, sind zunehmend Rentner von Altersarmut bedroht: Geringverdiener, Teilzeitkräfte und Selbstständige sind von diesem Risiko besonders betroffen.

Auch im Landkreis München wird in weniger als 20 Jahren die Anzahl der Senioren hierzulande erheblich zugenommen haben, so steigt laut einer aktuellen Erhebung des Bayerischen Landesamtes für Statistik der Anteil der 60- bis unter 75-Jährigen zwischen 2014 und 2034 um 28,6 Prozent; derjenige der über 75-Jährigen im gleichen Zeitraum sogar um 35,9 Prozent. In absoluten Zahlen: Im Jahr 2034 werden knapp 44 000 Menschen im Landkreis leben, die 75 Jahre alt sind oder älter. 2014 waren es etwa 32 300 Menschen.

Diese Entwicklung ist längst ein Fall für die Politik geworden. Die äußeren Bedingungen müssen stimmen, damit die Herausforderungen, die mit dem Älterwerden eines Großteils der Bevölkerung einhergehen, bewältigt werden können. Auch der Landkreis München hat bereits im Januar 2011 das 220 Seiten starke "Seniorenpolitische Gesamtkonzept" (SPGK) verabschiedet. Zuletzt informierte Karin Wiewiorra-Schmitz von der Altenhilfefachberatung im Landratsamt München die Mitglieder des Kreis-Sozialausschusses über den Fortgang der Realisierung des Konzeptes.

Und sie hatte in einigen Bereichen gute Neuigkeiten. So schreite die Kooperation und Vernetzung der Akteure in der Seniorenarbeit mit den Gemeinden weiter voran. 2015 fanden die halbjährlichen Regionalkonferenzen in den Rathäusern statt, um so auch die jeweiligen Bürgermeister zu involvieren. "Es ist wichtig, dass die Seniorenarbeit in den Kommunen präsent ist", sagte Wiewiorra-Schmitz.

Auf diversen Handlungsfeldern wird die Umsetzung des SPGK vorangetrieben, beispielsweise bei der Mobilität. "Wir hatten Informationen, wonach es in einzelnen Bereichen einen Mangel an kommunalen Fahrdiensten für ältere Leute geben würde", sagte die Altenhilfefachberaterin. "Aber unsere Auswertung ergab, dass das aktuelle Angebot als gut bis sehr gut zu bezeichnen ist." Allenfalls in Einzelfällen könnten Senioren nicht auf Fahrdienste zurückgreifen, darüber hinaus bestehe ein dringender Bedarf, die Kommunen besser zu vernetzen. "Der Versuch, eine Verbindung zwischen Neubiberg, Ottobrunn und Putzbrunn zu etablieren, hat leider nicht geklappt", so Wiewiorra-Schmitz.

Weitere Aspekte des SPGK betreffen etwa das Handlungsfeld "Wohnen zu Hause", sowie die Förderung der Alzheimer Gesellschaft Landkreis München, die 2015 zu einem festen Kooperationspartner des Landkreises avancierte und derzeit ihr Leistungsspektrum auf alle 29 Städte und Gemeinden ausweitet. In diesem Kontext arbeitet das Landratsamt auch an einer Demenzstrategie für den gesamten Landkreis. "Da aufgrund der demografischen Entwicklung die Anzahl der Menschen, die an Demenz erkranken, ansteigen wird, müssen wir langfristig eine flächendeckende Versorgung für die Erkrankten und deren Angehörige schaffen", sagt Karin Wiewiorra-Schmitz. Und man sei diesbezüglich auf einem guten Weg. Beim "Fachtag Demenz" im Herbst hätten sich mehr als 100 Teilnehmer über das nun anlaufende Projekt "Demenzfreundliche Kommunen" informiert. "Im Juni werden wir die Details bekanntgeben", sagte die Altenhilfefachberaterin. "So viel ist klar: Jede Kommune wird in den Genuss einer Förderung im Rahmen des Projektes kommen."

Eine ganze Reihe von Arbeitskreisen beschäftigt sich unter Mitwirkung der Fachkräfte aus dem Landratsamt mit konkreten künftigen Anforderungen der Seniorenarbeit, etwa die Arbeitsgemeinschaft Hospiz, die Arbeitsgemeinschaft der Nachbarschaftshilfen, der Arbeitskreis "24-Stunden-Betreuung" durch osteuropäische Pflegekräfte oder das Gerontopsychiatrische Netzwerk Oberschleißheim, das neuerdings mit dem Landkreis zusammenarbeitet.

Ein wichtiger Baustein bei der Umsetzung des SPGK sei zudem laut Wiewiorra-Schmitz die Seniorenberatung, die sowohl in den Wohnungen der alten Menschen, aber auch im Landratsamt sowie telefonisch stattfindet. In den insgesamt mehr als 2000 Kontakten zwischen Senioren, deren Angehörigen oder Nachbarn und den Beratern der Altenhilfe im Jahr 2015 ging es zum Beispiel um finanzielle Sorgen, um gesundheitliche Fragen, aber auch um Wohnungsanpassungen oder drohende Verwahrlosung.

Für das laufende Jahr hofft Karin Wiewiorra-Schmitz auf die Umsetzung der Demenzstrategie in den Kommunen, sowie die Erarbeitung eines Konzeptes zur Förderung der Ausbildung von Pflegekräften und zu deren Bindung an den Landkreis. "Dazu wollen wir auch im Herbst einen Fachtag veranstalten."

© SZ vom 25.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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