Wer zur neuen Suchtberatungsstelle der Caritas in Garching will, muss sich an Betrieben und Werkstätten vorbeischlängeln. Die Räume der Caritas liegen etwas versteckt im Gewerbegebiet Hochbrück, sodass selbst Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann davon spricht, "eine Überraschung erlebt" zu haben, als er von der Stelle erfuhr. Er lobt die Fachambulanz als ein "nicht selbstverständliches Angebot", für das die Stadt dankbar sei. Die neue Fachstelle soll, wie die Kreisgeschäftsführerin der Caritas Gabriele Stark-Angermeier sagt, den ganzen Norden betreuen mit Unterschleißheim, Oberschleißheim, Ismaning, Feldkirchen, Aschheim, Kirchheim und Haar. Dass die Stelle eher in einem unscheinbaren Gewerbegebäude liegt, sieht sie durchaus als Vorteil: "Das hat den Grund, dass man sich hierher traut."
Seit Januar schon arbeiten in den Räumen an der Dieselstraße 5 zwei Sozialpädagogen. Nun wurde diese Woche mit großem Fest und Trommelwirbel, rhythmisch teils sehr überraschend vorgetragen von der Gruppe "Lohhof Strong Percussion", die offizielle Eröffnung gefeiert. Die Garchinger Suchtberatung dient der Caritas als Ergänzung ihres bereits bestehenden Angebots und soll, wie Andreas Ammer sagte, eine Lücke schließen. Ammer ist Leiter der Fachambulanzen und sozialpsychiatrischen Dienste der Caritas.
In Unterschleißheim hat schon bisher der sozialpsychiatrische Dienst auch Suchtkranke betreut. In Zukunft wird dieses Angebot mit der neuen Stelle in Garching-Hochbrück verzahnt, die damit insgesamt über sechs Mitarbeiter verfügt. Darunter sind außer den zwei Sozialpädagogen in Garching zwei Psychologinnen, die Mitarbeiterin, die das betreute Einzelwohnen begleitet, und eine Verwaltungskraft. Wie Stark-Angermeier erläuterte, wird in Garching das gesamte Suchtspektrum abgedeckt, von der Alkoholabhängigkeit über Essstörungen bis hin zur PC- oder Online-Sucht.
Die Fachambulanz ist als Anlaufstelle für Betroffene gedacht, sie soll Einzelberatung, aber auch Gruppengespräche anbieten, das Umfeld über Familie und Freunde miteinbeziehen, kann Selbsthilfegruppen unterstützen und im Krisenfall tätig werden. Häufig gebe es bei den Klienten auch Menschen, die eine Doppeldiagnose hätten, die also neben ihrer Sucht auch noch unter psychischen Störungen litten. Zudem biete die Caritas noch das betreute Einzelwohnen mit sechs Plätzen an. Mignon Drenckberg, Caritas-Fachreferentin für Suchthilfe, betonte auch die Vernetzung mit anderen Institutionen und Stellen, wie etwa der Schuldnerberatung, dem Kreuzbund oder den Gemeinden, was wichtig sei, "denn die Betroffenen haben oft ein Bündel an Problemlagen".
Das bestätigt auch Alexander Luft. Der Sozialtherapeut arbeitet seit Januar in Garching und seit mehr als 35 Jahren im Suchtbereich. Der 62-Jährige war zuvor in einer Tagesklinik der Caritas in München. Er berichtet, dass die Suchtproblematik unabhängig von Bildung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht auftritt. In den meisten Fällen seien die Klienten abhängig von Alkohol. "Es ist eine traditionell über Jahrhunderte hinweg etablierte Droge. Aber eine breite Masse von Menschen läuft Gefahr, dass das Ganze bei ihnen aus dem Ruder läuft." Die Grenzen dabei sind manchmal fließend. "Aber wenn der Arbeitsplatz flöten geht, der Führerschein weg ist und die Partnerschaft auseinandergeht, wenn jemand dann noch trinkt, dann kann es sich nur noch um eine Abhängigkeit handeln", sagt Luft. Er spricht von den drei großen F: "Frau, Firma, Führerschein. Meistens müssen alle drei F zusammenkommen, damit jemand den Weg zu uns findet." Der Vorteil, auch für Menschen ohne Führerschein: Hochbrück hat einen U-Bahn-Anschluss.