Bauvorhaben:In der Warteschleife

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Für viele größere und kleinere Vorhaben im Landkreis zeigt die Ampel seit langem Rot. (Foto: Johannes Simon)

Der Bau der U-Bahn nach Martinsried ist nicht das einzige Projekt im Landkreis, das sich immer wieder verzögert. Zehn Beispiele

Vor sieben Jahren war aus Martinsried ein Aufschrei zu hören. Die Chefs der innovativen, dort ansässigen Firmen beklagten: schlechte Verkehrsanbindung und ewige Verzögerungen beim U-Bahnausbau. Dieser Tage wurde bekannt, dass sich der Baubeginn an der einen Kilometer langen Bahntrasse erneut verschiebt. Spatenstich ist frühestens Ende 2019. Ein Einzelfall ist das nicht. Auch andere Projekte im Landkreis befinden sich in der Endlosschleife.

Umfahrung Putzbrunn

Tag für Tag rollen Tausende Autos auf der B 471 durch das Ortszentrum von Putzbrunn, ein Zustand, den nicht wenige Bewohner des Dorfes für unzumutbar halten. Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) hatte seit dem Beginn seiner Amtszeit 2006 die Realisierung des letzten Teils der Ortsumfahrung ganz oben auf seiner Agenda. Ein Projekt, das auch seine Vorgänger schon seit Jahrzehnten beschäftigte. Zwischenzeitlich gab es sogar einen konkreten Beschluss des Gemeinderats für eine Trasse, doch mittlerweile sind alle Pläne zu den Akten gelegt: Weil auf der geplanten Route eine Maschinenhalle errichtet wird, wurde die Umgehung 2017 aus dem Flächennutzungsplan gestrichen.

Bahntunnel Oberschleißheim

Die Bahn durch Oberschleißheim in einen Tunnel zu verlegen, würde drei gravierende Probleme des Ortes auf einen Schlag lösen. Die Bahnschranke an der viel befahrenen Bundesstraße 471, die in Stoßzeiten länger geschlossen ist als geöffnet, entfiele ebenso wie die Lärmbelastung der Anlieger, und der durch die Gleise geteilte Ort könnte zusammenwachsen. Dass seit bald 30 Jahren daraus nichts wird, liegt zum einen an den 150 Millionen Euro plus x, die für das Projekt wohl veranschlagt werden müssten. Mindestens ebenso hinderlich ist freilich der altbekannte Kleinmut am Ort; in 30 Jahren hätte selbst eine klamme Gemeinde wie Oberschleißheim einen erklecklichen Eigenanteil zusammensparen können. Regelmäßig aber, wenn die Vision konkreter zu werden droht, kommt auf, dass alle, die sich bei Festreden dahinter versammeln, im Detail doch jeweils drastisch andere Vorstellungen haben.

Zentrum Unterschleißheim

Der gut gemeinte Service der Stadtverwaltung war der PR-Super-GAU: In die größte Kommune des reichen Landkreises München musste der Butter-Bus des Roten Kreuzes fahren, um Unterschleißheim mit Lebensmitteln zu versorgen. Das jahrelange Siechtum des Einkaufszentrums IAZ, seinerzeit als Herz eines neuen Ortszentrums auf die grüne Wiese gepflanzt, hatte mit der Schließung des letzten Lebensmittelmarkts darin den kritischen Punkt überschritten. Eine seit Jahren schwärende Wunde im Kern der Stadt. Das Rathaus muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Entwicklung sehenden Auges hingenommen zu haben, verweist aber auf vermeintliche Versäumnisse der Privatwirtschaft. Mehr als 70 Eigentümer der Einzelparzellen im IAZ haben sich zuletzt als offenbar nicht handlungsfähig erwiesen. Eingreifen hätte die Stadt können, indem sie auf dem Nachbargrundstück der Deutschen Post die längst vorliegenden Pläne für ein Ersatz-Ladenzentrum vorangetrieben hätte. Für das IAZ wäre freilich auch das fatal gewesen.

Jetzt legt Unterschleißheim eine Strukturplanung auf. Es ist eins von diesen Sahne-Grundstücken, die sich jeder Bürgermeister wünscht, wenn er seine Gemeinde voranbringen will. Was könnte auf dem Gelände der ehemaligen Ruf Electronics GmbH nicht alles entstehen: Kindertagesstätten, Räume für Vereine und vieles mehr. Die Pläne für die Nutzung der teils noch bestehenden Firmengebäude waren im Rathaus vor fünf Jahren bereits weit gediehen. Dann forderten Bürger Mitsprache ein. Und es wurde ein städtebaulicher Entwicklungsprozess in Gang gebracht, um mit den Bürgern das Projekt umzusetzen. Es gab Versammlungen, Befragungen und einen Beschluss für einen Neubau. Jetzt vor den Ferien stoppte Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) das Ganze. Eine Denkpause musste her, weil ein Teil der Nutzungen ja auch im neuen Zentrum mit Rathaus am Bahnhof unterkommen könnten. Die große Frage jetzt: Steht alles wieder auf Anfang?

Lindenpassage Taufkirchen

Die Lindenpassage in Taufkirchen gammelt gefühlt schon eine Ewigkeit vor sich hin. Spätestens seit in direkter Nachbarschaft zur Jahrtausendwende das Unterhachinger Gewerbegebiet Grünwalder Weg entstanden ist, gilt das Einkaufszentrum aus den Siebzigerjahren als unattraktiv. Pläne, das zu ändern, gibt es schon lange, sie sind über die Jahre immer und immer wieder im Gemeinderat diskutiert worden. Vor zwei Jahren nun stimmte das Gremium zu, den alten Kasten abzureißen und hier einen treppenförmigen Neubau mit überdachter Einkaufspassage und 182 Wohnungen zu errichten. Seitdem liegt das Vorhaben auf Eis, da der Investor sich bislang nicht mit zwei verblieben Mietern einigen konnte.

Kirchplatz Oberhaching

Zehn Jahre sind vergangen, seit die ersten Pläne für ein Lebensmittelgeschäft an de Kybergstraße in Oberhaching nahe dem Kirchplatz gemacht wurden. Zunächst waren 800 Quadratmeter für die Ladenfläche im Gespräch, später erhöhte man auf 1600. Es gab seither viele Planungen, Abstimmungen und Gutachten. Insbesondere die Frage, ob ein solcher Gebäudekomplex mit einem Vollsortimenter für diesen Standort zu groß wäre, trieb die Bürger in Oberhaching um und führte zu manchen Protesten. 2015 hat der Gemeinderat dem Bau zustimmt. Einen Laden gibt es noch immer nicht. Noch gilt es, Grundstücksfragen zu klären. Vergangenen Herbst sagte Bürgermeister Stefan Schelle (CSU): "Wir sind munter am verhandeln und hoffen auf ein Ergebnis in 2018."

Mountainbikewege Isartal

Mountainbiker und Naturschützer liegen seit viele Jahren im Clinch. Die einen wollen auf attraktiven Trails ihrem Sport nachgehen, die anderen warnen vor der Zerstörung der Natur in den empfindlichen Flussauen. Schließlich hat man sich 2010 doch zusammengesetzt, zwei Jahre später haben Naturschutz- und Radsportverbände eine Resolution vorgelegt, wie ein verträgliches Miteinander funktionieren könnte. Seit einem Jahr nun gibt es ein Konzept, auf welchen Pfaden zukünftig geradelt werden darf und wo die Natur in Ruhe gelassen wird. Umgesetzt wurde es noch nicht. Der Landkreis München hat seine Beteiligung signalisiert, macht die Übernahme der Trägerschaft des Projekts aber von einer Zusage der Stadt München abhängig. Die lässt auf sich warten. Auch ein wichtiges Grundstück fehlt noch.

Nordtangente Haar

Wer in Haar den "Rappenweg" anspricht, erntet Kopfschütteln. Seit Jahrzehnten stockt die Gemeindeentwicklung, weil im wild gewachsenen Gewerbegebiet im benachbarten Trudering eine Grundstückseigentümerin Veränderungen blockiert. Viel hängt am Bau einer bahnparallelen Straße von Gronsdorf bis Eglfing. Es geht um Wohnungsbau und mittlerweile - ganz konkret - um einen schon relativ detailliert geplanten Schulcampus. Wann die Fachoberschule und die Realschule kommen, steht weiter in den Sternen. Die Lage sei kompliziert, ließt jüngst Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) verlauten.

Eishalle Ottobrunn

40 Jahre ist das Ottobrunner Eisstadion am Haidgraben mittlerweile alt - und genau so lange warten vor allem die Eishockeyspieler des Eis- und Rollsport Clubs Ottobrunn auf ein Dach. Denn das Eisstadion ist eine Freiluftarena, die im Winter auch von den Stockschützen, Schulen und Freizeitläufern genutzt wird. Vor etwa drei Jahren stellten die Verantwortlichen den Gemeinderäten eine moderne und auch kostengünstige Lösung vor. Ein Dach in Leichtmetallbauweise. Doch auch dieser neuerlich Vorstoß wurde trotz anfänglicher Begeisterung mancher Mandatsträger wieder abgelehnt.

Südanbindung Perlach

Im Jahr 2016 galt die Südanbindung Perlach als ein klassisches "Zombie"-Thema. Nicht totzukriegen, aber auch nicht wirklich lebendig: Seit 1994 wurde über das Projekt da schon diskutiert, wie Neubiberg gemeinsam mit der Stadt München eine bessere Verkehrsanbindung des Wohngebiets Vivamus und der Bundeswehruni hinbekommen könnte. Dann fokussierte sich München auf eine Minivariante und Neubiberg beschloss den Ausstieg. Doch natürlich geht die Debatte weiter. Ende September berät der Gemeinderat Neubiberg über ein Strukturkonzept Hachinger Tal. Thema dort auch: Trassen für einen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Der "Zombie" wandelt weiter. belo

© SZ vom 18.09.2018 / stga kbh hilb belo mueh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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