Azteke gegen ADAC:Auf Kriegsfuß mit den Gelben Engeln

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Hass-Comics im Internet und ein Buch mit zweifelhaftem Titel: Seit Jahren liefert sich ein Azteke einen bizarren Kampf mit dem ADAC - nun musste sich ein Gericht mit dem Streit befassen.

Ekkehard Müller-Jentsch

Eigentlich ist Xokonoschtletl Gomora ein sehr umgänglicher Mensch. Nur bei den Gelben Engeln des ADAC sieht der Indianer rot: Die hat er auf eine Weise bekämpft, die eher an wilde Kriegstänze erinnert. Jetzt musste der Nachfahre der Azteken allerdings sein virtuelles Kriegsbeil begraben: Es würde ihn 25.000 Euro Zwangsgeld kosten, den deutschen Automobilklub weiterhin im Internet rüde zu beschimpfen. So hat es das Landgericht München I entschieden.

Xokonoschtletl Gomora ist anerkannter Repräsentant der aztekischen Kultur: Er wurde auch schon von Papst Johannes Paul II empfangen. (Foto: privat)

Der 59-Jährige ist Begründer einer mexikanisch-indigenen Bewegung und ein weltweit anerkannter Repräsentant der aztekischen Kultur: Er durfte schon vor den Vereinten Nationen sprechen und wurde von Papst Johannes Paul II. empfangen. Xokonoschtletl Gomora setzt sich seit Jahren mit weltweiten Aktionen dafür ein, dass die im Museum für Völkerkunde in Wien aufbewahrte Federkrone des letzten aztekischen Kaisers an Mexiko zurückgegeben wird. Der weitgereiste Mann vom amerikanischen Kontinent ist auch schon sehr lange ADAC-Plus-Mitglied.

Im Mai 2006 war der Azteke auf dem Weg zu einer Tanzveranstaltung mit acht Kollegen, seiner Frau und der gemeinsamen Tochter Zitlalli in einem alten Ford Transit wegen einer defekten Dieselleitung liegengeblieben. Er rief die Gelben Engel. Der ADAC schickte einen Vertragspartner zum Abschleppen, der den Ford auf den Anhänger seines kleineren VW-Busses lud. Weil dann auf Geheiß des Helfers auch noch alle Personen einsteigen mussten, war das Gespann heillos überladen und kippte auf der Fahrt um. Gomora und seine Frau wurden verletzt, die restliche Truppe musste die Nacht in einer Werkstatt verbringen.

Der Verunglückte stellt den Vorfall ganz fürchterlich dar. Von Seiten des Automobilklubs wird dagegen alles wesentlich moderater geschildert, der Betroffene wurde mit 10.500 Euro entschädigt. Gomora stellte eine gewaltige Rechnung dagegen: Mal summiert er seine Ansprüche auf zwei, mal auf mehr als sechs Millionen Euro. Um Druck zu machen, wie jetzt das Gericht feststellte, veranstaltete er wiederholt Demonstrationen vor Häusern des ADAC und schrieb ein Buch Mein Kampf gegen den ADAC. Die Titelseite wurde mit glatzköpfigen Muskelprotzen garniert, die Schulterklappen und Armbinden trugen. "Der erste optische Eindruck stellt sofort eine gedankliche Verbindung zu einem anderen Autor eines gleichnamigen Werkes dar", heißt es in dem Urteil.

Außerdem richtete Gomora eine Internetseite ein und kreierte dafür eine Comicserie, in der er von Glatzköpfen in ADAC-Hemden misshandelt wird, aber auch von einem deutschen Polizisten, einer deutschen Justitia, einem Angehörigen der deutschen Botschaft in Mexiko - zuletzt steckt im Rücken des Comic-Helden ein Messer mit der Aufschrift ADAC. An anderer Stelle wird der Automobilklub als Klapperschlange oder Ratte dargestellt. Der ADAC klagte dagegen.

"Der ADAC hat dem Beklagten nichts weggenommen", stellte nun das Gericht nach der Verhandlung fest. Der Unfall sei auch nicht durch Gelbe Engel, sondern den Fahrer eines unabhängigen Abschleppunternehmens verursacht worden. Alle nachgewiesenen Schäden seien Gomora und seinen Mitfahrern ersetzt worden. Nicht der ADAC behandle Gomora wegen seiner Herkunft anders als andere Mitglieder, sondern der Azteke bringe den Automobilklub "aus nicht zu rechtfertigenden Motiven mit Rassismus in Verbindung", sagte das Gericht in seiner Urteilsbegründung. Unter Androhung von Zwangsgeld verurteilte es ihn, das zu unterlassen und die Internetseite zu löschen.

© SZ vom 05.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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