Kirchheimer Personalpolitik:Kostenexplosion im Rathaus

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Muss sich warm anziehen: Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) ist Kritik ausgesetzt. (Foto: Natalie Neomi Isser)

Neue Referate, zusätzliche Posten, höhere Eingruppierungen - seit der CSU-Politiker Maximilian Böltl Bürgermeister in Kirchheim ist, steigen die Personalausgaben rasant. Einigen im Gemeinderat wird es jetzt zu viel.

Von Christina Hertel, Kirchheim

Elf Mitarbeiter mehr in zwei Jahren - für viele Mitglieder des Kirchheimer Gemeinderats ist das zu viel. Vor allem weil die insgesamt 171 Mitarbeiter im Rathaus auch etwas kosten: etwa 6,5 Millionen Euro allein dieses Jahr.

Nur eine knappe Mehrheit im Gemeinderat stimmte deshalb für den neuen Stellenplan. Wäre Gerd Kleiber (FDP) nicht gerade noch rechtzeitig zur Abstimmung gekommen, hätte es gar keine Mehrheit gegeben.

Seit Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) im Amt ist, haben sich die Personalkosten der Gemeinde um etwa eine Million Euro erhöht. "Alleine mit höheren Tarifen ist das nicht zu erklären", sagt dazu Wolfgang Heinz-Fischer von der Vereinigten Freien Wählergemeinschaft (VFW). Der Grund aus seiner Sicht: Mitarbeiter wurden höher eingruppiert, zu viele neue Stellen seien geschaffen worden.

Vier Leute kümmern sich um Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit

Heinz-Fischer und andere Gemeinderatsmitglieder stören sich besonders an der Entwicklung im Referat für Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit. "Wir sind ja keine Gemeinde, die vom Tourismus geprägt ist", sagt etwa der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Etterer. Vier Personen arbeiten mittlerweile in dem Referat, die Stelle der Referentin wurde komplett neu geschaffen. Sie soll hauptsächlich Veranstaltungen organisieren und neue Angebote im Bereich Kultur schaffen. Ebenfalls neu ist eine Teilzeitstelle, die sich um die Hallenvergabe an Vereine und das Ortsnachrichtenblatt Kirchheimer Mitteilungen kümmert.

Heinz-Fischer kritisiert, dass in dem Referat hauptsächlich Öffentlichkeitsarbeit für den Bürgermeister betrieben werde, aber nicht für die Gemeinde. "Außerdem gab es früher aus unserer Sicht sogar mehr Kulturveranstaltungen."

Kritik aus dem Gemeinderat gibt es auch an den neuen Stellen im Bauamt und im Bereich Asyl. Laut Bürgermeister Böltl rechnen die Kritiker allerdings falsch. "Weil mehr Menschen hier arbeiten, sieht es so aus, als wären auch mehr Stellen geschaffen worden. Dabei stimmt das, wenn man auf die Stundenanzahl schaut, oft gar nicht", sagt Böltl. Tatsächlich handle es sich in mehreren Fällen um Teilzeitstellen. So etwa auch im Bürgermeisterbüro.

Drei Sekretärinnen arbeiten so viele Stunden wie zwei

Dort arbeiten jetzt zwar drei statt zwei Sekretärinnen, doch die Stundenanzahl insgesamt habe sich nicht verändert, versichert der Rathauschef. Und was das Ortsnachrichtenblatt betreffe: Dieses hätten früher mehrere Mitarbeiter betreut, jetzt sei die Aufgabe in einer Hand, wodurch in anderen Abteilungen des Rathauses wieder Kapazitäten frei seien.

Grünen-Gemeinderätin Susanne Merten-Wente findet die Stellenmehrung dennoch "irrsinnig". Zumal sie das Gefühl habe, "dass in der Verwaltung immer noch recht wenig voran geht". Auffällig sei zudem, dass viele Mitarbeiter höhergruppiert wurden, seit Böltl im Amt ist, also mehr Geld verdienen. Tatsächlich fallen in die knapp zweijährige Amtszeit des CSU-Bürgermeisters zehn Höhergruppierungen. Auch Heinz-Fischer kann nicht nachvollziehen, warum es so viele Höhergruppierungen gab. "Natürlich ist es im Laufe einer Karriere normal, aber in der Fülle wie jetzt - das gab es früher nicht."

Böltl hat die Rathausverwaltung neu strukturiert

Ein Grund für die Vielzahl der Höhergruppierungen ist, dass Böltl die Rathausverwaltung neu strukturiert hat. So gibt es seit Kurzem fünf statt drei Abteilungen und dazu noch drei Referate. Die Folge ist mehr Führungspersonal, das bekanntlich meist besser bezahlt wird. Tatsächlich betraf die Hälfte der Höhergruppierungen Mitarbeiter ab der Entgeltgruppe 9, also ab einem Gehalt von etwa 2700 Euro im Monat. "Es waren dringend mehr Führungskräfte notwendig", verteidigt Böltl die Entscheidungen. Früher seien die Aufgaben sehr unübersichtlich über die Ämter verteilt gewesen, jetzt sei das anders.

SPD-Fraktionschef Etterer bezweifelt, "dass es so viele Veränderungen in einem Rutsch gebraucht hätte". "Wir empfanden die Gemeinde in keinem solchen Defizit." Eigentlich sei Kirchheim ja eine überschaubare Gemeinde, die daher auch bloß eine überschaubare Verwaltung brauche. "Ein Rathaus kann man nicht wie ein Unternehmen führen und immer, wenn man glaubt, es sei nötig, neue Leute einstellen", so Etterers Urteil. "Wir sind schließlich der Sparsamkeit verpflichtet."

Der Bürgermeister verweist auf die Fülle an Aufgaben

Böltl kann die Aufregung um den Stellenplan nicht verstehen. Schließlich sei der Gemeinderat anspruchsvoll: "Die Flüchtlinge sollen gut betreut werden, wir wollen viel bauen. Das muss ja alles jemand machen." Außerdem sei der Stellenplan in den Ausschüssen auch mehrheitlich für gut befunden worden. Auch die Höhergruppierungen kann Böltl nicht alleine entscheiden: Im Ausschuss für Verwaltungs- und Personalangelegenheiten werde über Höhergruppierungen ab Entgeltgruppe 9 abgestimmt. Doch die Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss entsprechen nicht der Zusammensetzung des Gemeinderats, wie VFW-Gemeinderat Heinz-Fischer einwendet. "Der Ausschuss wird ganz klar von der CSU dominiert."

Auch über den Vermögenshaushalt waren sich die Gemeinderäte in ihrer jüngsten Sitzung nicht einig. Von der SPD wurde kritisiert, dass die Rücklagen von 14 Millionen Euro auf 380 000 Euro zusammenschmelzen. "In Zeiten, in denen die Kreditaufnahme so günstig ist, halten wir es für falsch, nicht auch das für Investitionen zu prüfen", sagt Etterer. Eine Neuverschuldung, wie sie die SPD vorsorglich für Investitionen in 2017 beschließen wollte, lehnten jedoch CSU, FDP und ÖDP ab. Im Finanzplan sei ohnehin vorgesehen, von 2017 an Schulden zu machen. "Ich verstehe nicht, warum wir das noch mal extra hätten beschließen müssen", sagt Böltl.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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