Arbeitsagentur München:Firmen tricksen beim Kurzarbeitergeld

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Schneller Bezug von Kurzarbeitergeld - das haben einige Firmen in München und Umgebung offenbar unrechtmäßig genutzt. Nun ermittelt eine Prüftruppe der Arbeitsagentur.

Michael Tibudd

Die Krise ist in weiten Teilen der Wirtschaft vorüber, jetzt wird aufgeräumt: Die Münchner Arbeitsagentur geht zurzeit massiv gegen Firmen vor, die womöglich beim Bezug von Kurzarbeitergeld betrogen haben. Ein eigens eingerichteter Prüftrupp ermittelte gegen 19 Firmen aus dem Großraum, in fünf Fällen hat die Arbeitsagentur nun Strafanzeige erstellt. Das ausbezahlte Geld fordert die Agentur, die auch für die Landkreise Fürstenfeldbruck, Starnberg, Ebersberg und Dachau zuständig ist, zurück. Es handelt sich in allen Fällen um kleinere Unternehmen.

Leerer Arbeitsplatz in einer Firma: Die Möglichkeit der Kurzarbeit habe ihren Zweck zur Bekämpfung der Krise erfüllt, heißt es aus der Arbeitsagentur. Doch für einige Firmen stellte der Antrag wohl auch eine Verlockung dar. (Foto: dpa)

Dass der Bezug von Kurzarbeitergeld verhältnismäßig unkompliziert und unbürokratisch ist, stellte für die beschuldigten Firmen offenbar eine Verlockung dar. Bei der Kurzarbeit reduzieren Beschäftigte ihre Arbeitszeit, das Unternehmen zahlt ihnen entsprechend weniger Gehalt. Von dem Fehlbetrag übernimmt die Arbeitsagentur 60 bis 67 Prozent (bei Beschäftigten mit Kind), so dass der Gehaltsausfall deutlich geringer ist. In den nun angezeigten Fällen hielten Firmenchefs ihre Mitarbeiter nach Darstellung der Arbeitsagentur an, früher auszustempeln, als sie das normalerweise tun - und dann aber weiterzuarbeiten.

"Das grenzt an Betrug", sagt Hans-Joachim Fuchs, der bei der Münchner Arbeitsagentur für die Kurzarbeit verantwortlich ist. Offiziell läuft die Anzeige auf "missbräuchliche Inanspruchnahme öffentlich-rechtlicher Leistungen". Um wie viel Geld es dabei geht, will Fuchs nicht sagen - die ganz großen Summen seien es nicht, da es sich um Firmen mit wenigen Mitarbeitern handle. "Wir gehen dagegen aber mit aller Härte vor."

"Ihren Zweck erfüllt"

Abgesehen davon zieht Fuchs jedoch eine positive Zwischenbilanz der Kurzarbeit als Instrument zur Bekämpfung der Krise. "Sie hat ihren Zweck erfüllt", sagt er - nämlich Mitarbeiter vor Entlassungen zu bewahren, weil die Unternehmen bei schlechter Auftragslage auch so Geld sparen konnten. Praktischer Weise sind die Mitarbeiter, die nicht entlassen wurden, nun gleich wieder voll einsetzbar - ein zentrales Argument der Arbeitsagentur in ihrem Werben für Kurzarbeit.

Einen Höchststand gab es im Juni 2009, als im Bezirk München 22.000 Menschen in 1400 Betrieben ihre Arbeitszeit reduzierten. Die jüngste Zahl von Ende Mai 2010 zeugt noch von 9100 Kurzarbeitern in 1000 Betrieben. Für die nächste Aktualisierung Ende August rechnet die Agentur mit einem weiteren Rückgang.

Denn der Wirtschaft geht es vielerorts blendend. BMW verzeichnete zuletzt ein Absatzplus von mehr als neun Prozent, und auch der Lastwagenbauer MAN freut sich über steigende Nachfrage aus vielen Teilen der Welt. Denn Kundschaft aus dem Ausland bestellt inzwischen wieder stark deutsche Produkte.

Neben dem Fahrzeug- und Maschinenbau profitieren nach Angaben der Industrie- und Handelskammer (IHK) Unternehmen aus der Medizin-, Elektro- und Umwelttechnik - und die exportorientierte Wirtschaft des Großraums München profitiert besonders. 60 Prozent der hier produzierten Waren gehen ins Ausland, Gesamtdeutschland bringt es hier nur auf 48 Prozent. Vom Nachfrageplus bei den Großen profitieren dabei auch die kleinen und mittelgroßen Zulieferbetriebe. "Manche Firmen könnten rund um die Uhr arbeiten", sagt Münchens IG-Metall-Chef Horst Lischka.

Alles bestens also? Die IHK dämpft den Optimismus. Sie stellt für Produkte, die ins Ausland gehen, sogenannte Ursprungszeugnisse aus - und nimmt deren Zahl als Hinweis auf die kommende Entwicklung. "Es geht nicht mehr ganz so steil nach oben", sagt IHK-Außenwirtschafts-Chef Frank Dollendorf. Außerdem bremse die Zurückhaltung vieler Banken den Aufschwung: Für kleinere Firmen sei es immer noch ein Problem, Kredite für Investitionen zu bekommen.

© SZ vom 24.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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