Landgericht:"Notorischer Gewalttäter"

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Messerstecherei: Ex-Mitglied der "Hells Angels" muss ins Gefängnis

Von Susi Wimmer

Ein Jahr und zwei Monate lang verhandelte die zweite große Schwurgerichtskammer am Landgericht München I gegen das ehemalige Mitglied der "Hells Angels", Lothar H., wegen versuchten Totschlags. Staatsanwalt Laurent Lafleur kritisierte, dass der Prozess zu einer Farce geraten sei, er warf Lothar Hs. Anwälten "Verschleppungsabsicht" vor. Tatsächlich führten Santosh Gupta und Stephan Lucas zum Termin der Urteilsverkündung noch einen Arztbrief ein, aber schließlich konnte Richter Norbert Riedmann das Urteil doch noch verkünden: Für sechs Jahre und neun Monate muss der 55-jährige Lothar H. wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung ins Gefängnis.

Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer den Angeklagten als "notorischen Gewalttäter" tituliert, der mit 13 Einträgen im Bundeszentralregister seit nunmehr 30 Jahren immer wieder die Justizvollzugsanstalten von innen kennengelernt hatte. Zudem habe der Angeklagte "seine Erkrankungen zelebriert" und in den Mittelpunkt gestellt, ungeachtet der Leiden des Opfers.

Das Opfer war in dem Fall ein 32 Jahre alter Russe, der mit Freunden in der Nacht auf den 30. Oktober 2016 gefeiert hatte. Nahe der Schillerstraße wollte er sich gegen drei Uhr früh an der Trennwand zu einer Baustelle erleichtern. Dahinter parkte der Wagen von Lothar H., der mit seinen zwei Begleiterinnen einsteigen wollte. Richter Riedmann erklärte, Lothar H. habe den Russen zur Rede gestellt, geschubst, dann habe der 55-Jährige dem Jüngeren "eine geschmiert" und ihm ein Messer "zwei Mal wuchtig" in den Bauch gerammt. Das Opfer musste operiert werden und leide bis heute unter Angstzuständen. Lothar H. zahlte ihm 8000 Euro Schmerzensgeld.

Nach etlichen Beweisanträgen und Verhandlungstagen, in denen Lothar H. unter anderem wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Gesundheitsprobleme mit einer Trage aus dem Saal transportiert werden musste, äußerte er sich selbst zur Tat. Er gab an, mit einer Eisenstange geschlagen und in den Schwitzkasten genommen worden zu sein. Aufgrund seiner Verletzungen an der Wirbelsäule sei er in Panik geraten und habe zugestochen.

Das Gericht glaubte diese Version nicht. "Er hat die Auseinandersetzung gesucht", sagte Riedmann, und das, obwohl H. wegen anderer Delikte "noch zwei offene Restbewährungen" hatte.

© SZ vom 04.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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