Landgericht München :Frisierte Bilanzen

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Vorstand einer Solarfirma soll Anleger um 14,5 Millionen Euro gebracht haben

Von Christian Rost

Um die Firma SolarTec AG an die Börse bringen zu können, soll der ehemalige Vorstand des Start-Up-Unternehmens die Bilanz gefälscht und damit etliche Anleger um insgesamt 14,5 Millionen Euro gebracht haben. Der 70-jährige Erich W. muss sich seit diesem Montag wegen Betrugs vor der 6. Strafkammer am Landgericht München I verantworten. Wegen Beihilfe sitzt neben ihm auf der Anklagebank ein 57-jähriger Kaufmann aus Starnberg. Andreas S. nahm laut Staatsanwaltschaft von dem damaligen Vorstand eine Scheinrechnung an, um ihn beim Frisieren der Bilanz zu helfen.

Die SolarTec AG mit Sitz in Aschheim gehörte zu einer Firmengruppe, die Komponenten für Solaranlagen entwickelte und auch montierte. Gründer der Firmengruppe war Erich W. Laut Anklage plante er, die AG im Jahr 2008 an die Börse zu bringen, wofür er nach Vorgaben der Banken, die Börsengänge begleiten, eine starke Eigenkapitaldecke benötigt hätte. Der Jahresabschluss der Firma wies für das Jahr 2005 allerdings ein Minus von rund 150 000 Euro auf. Um die Bilanz für das Folgejahr zu schönen, soll W. dem Projektentwickler S. eine Scheinrechnung über 600 000 Euro geschickt und diese tatsächlich nicht existierende Forderung in seiner Bilanz verbucht haben, sodass sie am Ende einen Gewinn auswies. Wie die Staatsanwaltschaft weiter annimmt, akzeptierte S. die Scheinrechnung, um W. bei seinem geplanten Börsengang zu helfen. Der angeklagte Vorstand soll zudem mehr als drei Millionen Euro an Verbindlichkeiten als Rücklage verbucht haben, um den Unternehmenswert weiter künstlich zu erhöhen.

Mit der geschönten Bilanz, so sieht es jedenfalls die Anklage, soll W. dann auf Investorensuche gegangen sein. Via Newsletter und auf diversen Präsentationsveranstaltungen habe er für die Aktien der SolarTec geworben. Mit einem Anleger traf sich W. in den Räumen der Bayerischen Börse in München, um ihm seine Firma schmackhaft zu machen. Insgesamt 14 Investoren kauften dann von März 2007 bis März 2008 Aktien der Firma, die mit der frisierten Bilanz spätestens bei den Prüfungen zum Börsengang aufgeflogen wäre. 14,5 Millionen Euro steckten die Anleger demnach in völlig wertlose Papiere, wobei ein Hauptinvestor, eine Beteiligungsgesellschaft, allein 13,6 Millionen aufbrachte. Im Dezember 2008 meldete die SolarTec AG Insolvenz an.

Das Motiv für die Manipulationen liegt für die Staatsanwaltschaft auf der Hand: W. wollte sich "eine dauernde Einnahmequelle von einigem Gewicht" verschaffen. Der Angeklagte wies die Vorwürfe zurück. Er sei davon ausgegangen - und das hätten auch seine Steuerkanzlei und Wirtschaftsprüfer bestätigt -, dass der Jahresabschluss 2006 korrekt gewesen sei. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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