Kritik aus dem Stadtviertel:Im Schweinsgalopp zur Fußgängerzone

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Statt einer Informationsveranstaltung hatte sich der Bezirksausschuss eine umfangreiche Bürgerbeteiligung gewünscht

Von A. Dürr und T. Anlauf

Reiner Zufall oder böse Absicht bei der Terminplanung? Ausgerechnet an dem Abend, an dem der Bezirksausschuss (BA) für die Altstadt und das Lehel seine monatliche Plenumssitzung abhielt, fand gleichzeitig auch die Informationsveranstaltung zur geplanten Fußgängerzone Sendlinger Straße statt. Der Öffentlichkeit mitgeteilt hat die Stadt Ort und Zeit des Treffens von Bürgern mit Vertretern der Stadtverwaltung auch erst vier Tage vor dem Ereignis. Bürgerfreundlichkeit sei etwas anderes, beschwerte sich der BA-Vorsitzende Wolfgang Neumer (CSU).

Es ging nun doch ziemlich schnell mit dem Workshop. Der BA hingegen, der sich als Vertreter der Bürgerinteressen versteht, wollte keinen Zeitdruck. Er hatte ein umfangreiches Beteiligungsprogramm vorgesehen. Eine Reihe von Fragen sollte geklärt werden. Zum Beispiel auch, ob für die Autos der Anwohner Ersatzparkplätze in den umliegenden Tiefgaragen zur Verfügung gestellt werden können. Außerdem sollte ein Gutachten eingeholt werden: Wie verändern sich die Mieten für die Anwohner und die Geschäfte durch die Einführung der Fußgängerzone? Eine andere Frage war, ob nicht doch der Anliegerverkehr und Parkplätze bleiben können und damit eine sogenannte Shared-Space-Zone zum Tragen kommt. Schließlich sollte am Ende des Jahres eine Bürgerversammlung stattfinden, auf der alle strittigen Themen noch einmal ausführlich behandelt werden sollten. Es blieb völlig offen, wann der Versuch überhaupt starten könnte.

Schnell wurde jedoch deutlich, dass Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) dieses umfangreiche, teure und zeitaufwendige Verfahren für nicht gut hielt. Weitere Verzögerungen solle es nicht geben. Der Stadtrat werde Anfang April über den Verkehrsversuch entscheiden - nachdem die Bürger in dem Workshop Gelegenheit hatten, ihre Wünsche, Sorgen und Vorschläge einzubringen.

Ursprünglich wollte der Stadtrat schon im Dezember das Fußgängerzonen-Experiment beschließen. Dann aber wurde das Thema von der Tagesordnung genommen, weil die Bürgerversammlung für die Altstadt und das Lehel mit deutlicher Mehrheit Nein zur autofreien Sendlinger Straße gesagt hatte.

Die Experten in der Stadtverwaltung hatten immer wieder auf frühere Informationsveranstaltungen hingewiesen. In den vergangenen Monaten habe es inklusive des Termins am Dienstagabend im Saal des Stadtmuseums vier Info-Abende des Planungsreferats gegeben, zu denen unterschiedliche Interessensvertreter eingeladen worden seien. Am 1. Oktober wurden erstmals die Anwohner von den Plänen einer Fußgängerzone unterrichtet. Dass der Termin am Dienstag so kurzfristig angesetzt worden sei, erklärt Petra Wurdack aus dem Planungsreferat damit, dass "uns Termine und Verfahrenswege vorgegeben wurden". "Es ist ein Schweinsgalopp, das gebe ich zu", sagte die Verkehrsplanerin.

Inzwischen scheint sich die Protest-Situation aber entspannt zu haben. Obwohl der ursprünglich auf zwei Stunden angesetzte Informationsabend reichlich kurzfristig organisiert wurde, bedankten sich schließlich mehrere der etwa 150 Besucher ausdrücklich bei der Stadtverwaltung für die Veranstaltung. An fünf sogenannten Themeninseln konnten die Teilnehmer ihre Anregungen und Bedenken vorbringen. Darüber wird der Stadtrat informiert. Sollte dieser dem Testbetrieb Anfang April zustimmen, wird das Planungsreferat genau ein Jahr später ein endgültiges Konzept für die Sendlinger Straße vorlegen, das dann ebenfalls beschlossen werden muss.

Der BA möchte die Beschlussvorlage noch vor dem 6. April eingehend studieren und dann auch in der Sitzung zum Thema seine Meinung dazu sagen.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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