Kritik  an der "Epidemie" der Geländelimousinen:Brutalisierung auf offener Straße

Lesezeit: 3 min

SZ-Leser lassen wenig Gutes an den SUVs und werten sie als Zeichen eines wachsenden Egoismus im Straßenverkehr

"Dritter Toter nach Unfall mit SUV" und "Größenwahn" vom 19. September:

Teure Autos - höhere Strafen

Ich bin begeistert, dass die SZ sich trotz ihrer ganzseitigen Anzeigen für die Straßenpanzer von BMW, Porsche & Co traut, auf die grassierende SUV-Epidemie hinzuweisen. Nirgendwo zeigt sich die Brutalisierung unserer Gesellschaft offener. Wenn man als Fahrradfahrer mangels Fahrradweg gezwungen ist, auf der Straße zu fahren, kommt man sich manchmal vor wie in einer wild gewordenen Nashornherde.

Woher nehmen sich manche Menschen das Recht, mit ihren privaten Fahrzeugen so viel öffentlichen Raum in Fläche und Höhe zu okkupieren? Diese fahrenden Blechgebirge sind zu hoch zum Drüberschauen, und da die Scheiben oft schwarz sind, hat man auch keinen Durchblick. Für Fußgänger, Radler und vor allem Kinder wird es so immer schwerer, den Verkehr zu überblicken. Oft parken die SUV weit in die Fahrbahn hinein, weil aufgrund ihrer Geometrie das Ausparken mühsam ist. In Einbahnstraßen, die für Fahrräder in beide Richtungen freigegeben sind, ist das höchst gefährlich. Oder sie parken gleich auf dem Gehweg, denn wer sich solche Autos leisten kann, für den sind Strafzettel nur Peanuts. Warum wird das Strafmaß für Falschparken nicht ins Verhältnis mit dem Listenpreis der Fahrzeuge gesetzt? Warum wird die Kfz-Steuer immer noch nach Hubraum und nicht nach dem Verbrauch von öffentlichem Raum berechnet? Und nach dem Gewicht, denn in Verbindung mit der Fahrweise, die sich mit der Übermotorisierung fast schon aufdrängt - häufiges Beschleunigen und Abbremsen - werden unsere Straßen von den SUV viel mehr strapaziert als von gleich schweren Transportern. Und selbstverständlich nach dem realistischen Ausstoß von Schadstoffen und - das betrifft auch Sportwagen und Motorräder - Lärm!

Machen SUV-Halter sich keine Gedanken über den durch Herstellung und Betrieb verursachten enormen Ressourcenverbrauch und wie das mit dem Klimawandel und den Rohstoffkriegen - also fast allen aktuellen Kriegen - zusammenhängt? Der neueste Aufrüstungs-Trend sind die noch weitaus größeren Monster-Pickups. Dasselbe Kriegsgerät, auf das der IS seine Maschinengewehre montiert. Wenn so einer auf einen - im Vergleich geradezu niedlichen - Porsche Cayenne knallt, dann sind dessen Insassen Matsch. Der Gesetzgeber sollte sich nichts vormachen: Wäre es erlaubt, würden viele, die heute SUV fahren, morgen mit Leopard-Panzern herumfahren. Ok, man soll ja nicht übertreiben - erst mal ohne Kanone. Ferenc Kölcze, München

Mal langsam

Gegen die Gefährlichkeit dieser Kampfwagen (SUVs) gäbe es zwei einfache Möglichkeiten zum Schutz des Normalbürgers: Erhöhte Versicherungsprämien und Geschwindigkeitsbeschränkungen (100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen) für diese Fahrzeuge. Dr. Herbert M. Müller, Ottobrunn

Tonnenschwere Spritfresser

Die Gefährlichkeit des SUV-Fahrzeugkonzepts ist schon seit Jahren bekannt, die Fahrzeuge selbst sind die tödliche Gefahr - aber solange die Hersteller bestens an den teuren Panzern verdienen, wird sich an den Zulassungen wenig ändern. Morgen wird fast niemand mehr darüber reden, dass die drei Menschen, die im Kleinwagen zu Tode gekommen sind, keine Chance beim Aufprall der "völlig unterschiedlichen Gewichtsklasse" von hinten hatten. Was SUVs neben der reinen physikalischen Größe (Masse mal Beschleunigung) gefährlich macht, ist die Unterschätzung der eigenen Geschwindigkeit. Je höher der Fahrer sitzt, desto geringer wird die gefahrene Geschwindigkeit eingeschätzt. Ein weiterer Beitrag zum Gefahrenpotenzial kommt durch die sehr eingeschränkte Wahrnehmung der Umgebung(sgeräusche) zustande. Aber das wird ja von den SUV-Käufern geschätzt: Mehr Übersicht im Verkehr und möglichst wenig vom Drumherum mitbekommen.

Dass man immer wieder auf SUVs trifft, die zwei Parkplätze brauchen, weil der Fahrer/die Fahrerin das Fahrzeug noch größer einschätzt, als es ohnehin ist, fällt im schon viel zu engen (Stadt-)Verkehr ständig auf. Die Hersteller werden uns nicht beim Ausstieg aus der SUV-Manie helfen, die Politik denkt hier auch (fast) nur an die "vielen Arbeitsplätze". Seit Monaten wird eine durch Emotionen bestimmte Debatte über Emissionen geführt, zu der die tonnenschweren Spritfresser einen nicht unbedeutenden Anteil beigesteuert haben. Das konsequente Weiterdenken müssen daher wir als Gesellschaft in die Hand nehmen. Dann wird hoffentlich einmal der "Größenwahn" gestoppt und der Verkehrsalltag um ein Gefahrenpotenzial bereinigt.

Hans-Joachim Kohler, Grünwald

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© SZ vom 25.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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