Krise der Kaufhäuser:"Morgens Aldi, abends Vivaldi"

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Traditionskaufhäuser in der Krise: Ein Interview mit dem Oberpollinger-Geschäftsführer Robert Waloßek. Außerdem: Die Lage anderer internationaler Luxuskaufhäuser.

Der Handelskonzern Arcandor sucht für das Kaufhaus Oberpollinger einen Käufer. Die Ankündigung sorgt bei Mitarbeitern und Kunden für Verunsicherung. "Wir halten an unserem Konzept fest, denn es funktioniert", sagt Geschäftsführer Robert Waloßek im SZ-Interview. Der 44-Jährige ist überzeugt, dass sich Oberpollinger trotz Wirtschaftskrise als "weltstädtisches Warenhaus" etablieren wird.

Oberpollinger-Geschäftsführer Robert Waloßek will am bisherigen Konzept des Kaufhauses festhalten. (Foto: Foto: Heddergott)

SZ: Warum ist Oberpollinger mit seinem Luxus-Konzept gescheitert?

Waloßek: Das ist schlichtweg falsch. Denn der Luxus-Bereich macht nur etwa zehn Prozent der Verkaufsfläche aus. Auf den anderen 90 Prozent sprechen wir Kunden aus der gehobenen Mitte an. Außerdem haben sich die Luxus-Marken sehr gut eingeführt. Und dann ist es so, dass wir erst vor fünf Monaten mit diesem Konzept gestartet sind.

SZ: Wie steht der Oberpollinger im Vergleich zum KaDeWe in Berlin und zum Alsterhaus in Hamburg da?

Waloßek: Bei bestimmten LuxusMarken haben wir höhere Zuwachsraten. Aber natürlich wird im Vergleich mit diesen etablierten Häusern noch etwas Zeit ins Land gehen, bis alle vom Oberpollinger als einem Weltstadthaus sprechen.

SZ: Es wird also keinen Strategiewechsel geben?

Waloßek: Nein, definitiv nicht. Aber wir werden weiter am Service arbeiten. Angebote wie der Concierge-Service, die Einkaufsbegleitung, aber auch die großzügige Warenpräsentation machen unser Haus nicht nur für München einzigartig.

SZ: Service, der das Unternehmen Geld kostet. Schreibt Oberpollinger schwarze Zahlen?

Waloßek: Die Neueröffnung war Anfang Dezember. Fest steht, dass die bisherigen Umsätze des gesamten Hauses besser sind als im Vorjahr.

SZ: Oberpollinger steht in Konkurrenz zu den Boutiquen in der Maximilianstraße. Ist die Lage in der Fußgängerzone nicht ein Nachteil?

Waloßek: Im Gegenteil. Wir haben die beste Lage Münchens - und die Kundengruppen unterscheiden sich. Nach unseren Erhebungen haben nur 20 Prozent der Kunden unserer Luxus-Shops schon einmal auf der Maximilianstraße eingekauft, die große Mehrheit nicht. Das ist ja der Vorteil unseres Hauses: Morgens Aldi, abends Vivaldi, sagen die Marketingleute zu der Beobachtung, dass man sich durchaus Luxus gönnt, aber auch andere Sachen einkaufen geht. Wir sprechen beide Zielgruppen an.

SZ: Oberpollinger will in der internationalen Liga mitspielen. Ist das nicht zu anspruchsvoll für ein Münchner Warenhaus?

Waloßek: Selbstverständlich wollen wir ein Magnet für die Münchner bleiben. Aber da München auch eine internationale Metropole ist, möchten wir auch die internationalen Gäste ansprechen.

SZ: Der von Arcandor angestrebte Verkauf des Oberpollinger muss die Mitarbeiter doch verunsichern. Was sagen Sie Ihrer 600-köpfigen Mannschaft?

Waloßek: Klar ist, dass Oberpollinger wie die gesamte Premium-Gruppe zur Disposition stehen. Diese Entscheidung hat in keiner Weise etwas mit der Entwicklung der Häuser zu tun, sondern ist rein strategisch. Unser Haus ist gut im Markt positioniert, und unsere Mitarbeiter sind stolz auf Oberpollinger, egal was sich zukünftig ergeben sollte.

Lesen Sie auf den folgenden Seiten, es anderen Traditionskaufhäusern geht.

Macy's: Ernste Lage

Trotz Wirtschaftskrise ist bei Macy's in New York immer was los. (Foto: Foto: AP)

Der Hinweis auf das Traditionskaufhaus an Herald Square fehlt in keinem Reiseführer. Eine Einkaufstour bei Macy's ist für viele New York-Besucher genauso wichtig wie ein Spaziergang im Central Park. Doch wer bei Macy's shoppen will, braucht Geduld. Trotz der Krise: Die engen Rolltreppen sind fast immer verstopft. Mit günstigen Kollektionen ködert das Kaufhaus Schnäppchenspezialisten. Im Kampf gegen die Rezession sind alle Mittel recht.

Die Lage ist ernst, gerade im Einzelhandel. Die Amerikaner sparen so viel wie lange nicht mehr. Billigketten wie Ann Taylor und Wal-Mart setzen Macy's zu. 7000 Jobs will der gleichnamige Mutterkonzern in den USA streichen. Auch im New Yorker Flagschiff-Geschäft sind die Erlöse eingebrochen. Viele Kunden kommen nur zum Gucken. Besserung ist nicht in Sicht. Nach einer leichten Erholung im Februar fielen im März die Umsätze des US-Einzelhandels wieder deutlich.

Galeries Lafayette: Bewegte Zeiten

Alle großen Pariser Luxuskaufhäuser, bis auf eines, haben bewegte Zeiten hinter sich, was die Besitzverhältnisse anbelangt. Printemps, berühmt wegen seiner Art-nouveau-Kuppel, wechselte seine Eigentümer seit der Eröffnung 1865 im Takt der Krisen. Zuletzt stieg 2006 die italienische Rinascente-Kette und eine Immobilien-Holding der Deutschen Bank ein. Die Galeries Lafayette gehörten bis vor einem Monat vorübergehend auch einer Bank, dem französischen Branchenprimus BNP Paribas. Ende März kaufte dann einer der ursprünglichen Gesellschafter, die Familie Moulin, das gut 100 Jahre alte Kaufhaus zu 100 Prozent zurück. Die beiden anderen Häuser gehören dem Luxuskonzern LVMH: Die Samaritaine an der Seine machte der Konzern 2005 dicht. Bis 2013 sollen in dem Art-Déco-Haus ein Luxushotel, Büros und Feinkostläden entstehen. Nur um das Bon Marché, links der Seine, ist es seit Jahrzehnten ruhig.

Harrods: Groß und gediegen

Harrods, im Londoner Stadtteil Knightsbridge gelegen, wurde 1834 gegründet. Es ist mit 90.000 Quadratmetern Verkaufsfläche eines der größten Kaufhäuser der Welt. Wegen seiner Mischung aus Exklusivität und vorbildlichem Service galt es lange als Inbegriff britischer Gediegenheit. Diese Aura hat sich das Haus weitgehend bewahrt, obwohl es seit 1985 dem ägyptischen Geschäftsmann Mohamed Al Fayed gehört.

Dass Al Fayed regelmäßig durch wüste Theorien zum Tod seines Sohnes Dodi und Prinzessin Dianas von sich reden macht, hat den Umsätzen von Harrods bisher ebenso wenig geschadet wie die globale Finanzkrise: Für das erste Quartal 2009 verzeichnete das Haus ein zweistelliges Wachstum beim Absatz von Luxusartikeln und Möbeln. Ein bequemer Arbeitsplatz scheint Harrods aber nicht zu sein: Sein exzentrischer Besitzer hat in der vergangenen sieben Jahren fünf Vorstandschefs verschlissen.

Rabatte in Moskau

Zentraler kann eine Geschäftsadresse nicht sein: Roter Platz 3, Moskau. Das dreistöckige Kaufhaus GUM steht seit Ende des 19. Jahrhunderts direkt dem Kreml gegenüber, weshalb die Touristen quasi automatisch hineingezogen werden. Zur Sowjetzeit gab es dort sogenannte Defizitware, die sonst in Moskau nicht zu kaufen war, Wurst und Winterstiefel, Käse und Kaviar.

Heute ist nicht mehr das Angebot exklusiv, Pecorino und Gruyere gibt es auch woanders, sondern die Gesamtverpackung. Das halbrunde Glasdach, die langen Passagen und viele Brücken sind eine ansehnliche Kulisse für edle Boutiquen, Modeschauen und die angenehm unaufdringliche Gastronomie. Die Krise, natürlich hat sie auch das GUM erreicht. Ausgaben wurden gekürzt, Geschäfte können sich nur schwer halten und werben mit Skidki, mit Preisnachlässen, und die Gäste starren länger als sonst auf die Auslagen, ehe sie kaufen. Wenn überhaupt.

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