Kriminalstatistik 2006:Sicherste Millionenstadt trotz steigender Kriminalität.

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Die Isar-Metropole ist zwar sehr sicher, anderseits wird es trotzdem gefährlicher. Alkohol und Gewalt hängen dabei eng zusammen.

Bernd Kastner

Zwar bleibt München die sicherste Großstadt Deutschlands, doch die Zahl der Gewaltdelikte ist an der Isar ,,besorgniserregend'' angestiegen. ,,Gewalt und Vandalismus haben in Quantität und Qualität ein neues Rekordniveau erreicht'', sagte Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer bei der Vorstellung der Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums, das für Stadt und Landkreis München zuständig ist.

(Foto: Foto: AP)

So habe 2006 die Zahl der Delikte wie vorsätzliche Tötung, Raub, Vergewaltigung oder Körperverletzung im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent zugenommen. Über einen Zeitraum von zehn Jahren ergebe sich eine Steigerung von mehr als 13 Prozent. ,,Besonders alarmierend'' nennt Schmidbauer die Entwicklung bei schweren Körperverletzungen: Plus 41 Prozent gegenüber 1997.

Insgesamt sei 2006 die Zahl der Straftaten im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 2,4 Prozent gestiegen, was Schmidbauer angesichts des zurückliegenden Jahres mit Großereignissen wie Fußball-WM und Papstbesuch als ,,erfreulich niedrig'' bezeichnet.

Die Polizei habe insgesamt 125000 Delikte registriert, das sind 8861 Straftaten pro 100000 Einwohner. Die Aufklärungsquote liege bei 57,5 Prozent und damit etwas niedriger als im Vorjahr, was der Polizeipräsident mit der höheren Zahl schwer klärbarer Delikte wie Vandalismus erklärt. Bei den Gewaltdelikten würden jedoch acht von zehn Fällen geklärt.

Diese sind es auch, die der Polizei am meisten Sorgen machen. Schmidbauer spricht von einem ,,Trend der Zeit''. Gewalt werde immer seltener ausgeübt, um sich zu bereichern. ,,Gewalt wird um der Gewalt willen ausgeübt. Gewalt ist schick geworden.

Sie wird in Teilen unserer Gesellschaft bewundert'', so Schmidbauer. ,,Je brutaler einer ist, desto höheres Ansehen genießt er in manchen Gruppen.'' Beunruhigend sei eine ,,neue Jugendkultur'' mit zwei ,,Leitmotiven'': ,,,Saufen bis der Arzt kommt' und ,fröhliches Schlagen'.''

Alkohol und Gewalt hingen eng zusammen. Bei rund 40 Prozent der Gewaltdelikte sei Alkohol im Spiel. In der Gruppe der Jugendlichen, die jünger als 21 Jahre sind, habe sich in den vergangenen zehn Jahren der Anteil alkoholisierter Verdächtiger bei schweren Körperverletzungen verdoppelt.

Schmidbauer plädierte dafür, ,,kreative Strafen und Sanktionen'' anzuwenden. Er denke an Fahrverbote für Mofa und Moped, Sperrfristen für den Führerscheinerwerb, Disco-, Handy- oder Internetverbote, Kontaktsperren zur Clique, ,,uncoole'' Sozialarbeiten oder kurzzeitige ,,Warnschussarreste''. Insgesamt bedürfe es einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung, um den Gewalttrend bei jungen Menschen zu stoppen.

Generell sprach sich Schmidbauer für den Zugriff der Polizei auf Passfotos von Personen aus, die einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verdächtigt werden. Diese Daten sind bei den Meldebehörden gespeichert. Damit unterstützt Schmidbauer eine Forderung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble.

Wenn der Gesetzgeber etwas als Straftat definiere und von der Polizei das Verfolgen von Straftätern verlange, müsse er ihr auch die entsprechenden Möglichkeiten einräumen, so Schmidbauer. ,,Alles andere ist halbherzig.''

Die komplette Kriminalitätsstatistik

© SZ vom 14.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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