Kostümverleih in Schwabing:Kleider für alle Narren

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Jeder Wunsch wird erfüllt: Waltraud Breuers Kostümverleih hat Outfits zu verschiedensten Themen parat. Die meisten davon sind selbst entworfen und hergestellt.

Nadine Pensold

Fein herausgeputzt hat sich Franz für den großen Abend. Die rote Hose mit zwei goldenen Streifen in die Stiefel gesteckt, darüber die weiße Uniform gezogen, die Brust mit Orden und eine Schärpe in Rot und Weiß geschmückt. Daneben muss sich Luitpold nicht verstecken - sein blauer Anzug ist geziert mit reichlich militärischem Dekor.

Cátia Palminha probt die richtige Piraten-Pose für den Faschingsball. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

So können sich der Kaiser Österreichs und der bayerische Prinzregent ins Nachtleben wagen, um die Damen zum Wiener Walzer aufzufordern. Aber es geht auch moderner, wie Elvis und die vier Mitglieder von Abba in ihren funkelnden und glitzernden Disko-Outfits beweisen.

"Ungewöhnliche Wünsche sind für uns nicht außergewöhnlich", sagt Waltraud Breuer und hängt die Uniform des Prinzregenten wieder an ihren Platz. Die Schneidermeisterin betreibt einen Kostümverleih an der Hohenzollernstraße mit mehr als 20000 Kostümen. Darunter sind berühmte und historische Figuren, Tiere oder landestypische Trachten sowie unzähliges buntes Zubehör.

Leicht behält man den Überblick bei so vielen Kleidern nicht, "aber ich liebe jedes einzelne von ihnen", sagt sie. Der Fasching ist Waltraud Breuers große Leidenschaft. Jede Saison mischt sie sich unter das närrische Volk, um nach aktuellen Trends und neuen Ideen Ausschau zu halten.

In ihrem Laden merkt sie ebenfalls, was gefragt ist und was nicht. Heuer besonders die aufwendig gearbeiteten Rokokokleider für den edlen Auftritt und die knallbunten 70er für das farbenfrohe Feiern. Indianer und Clowns verbringen die fünfte Jahreszeit dagegen diesmal im Fundus und nicht auf der Tanzfläche.

Für jedes Motto das passende Outfit

Piraten sind nach wie vor im Trend, allerdings nicht mit zerfetzten Beinkleidern und Augenklappe. Bei Breuer sehen die Herren der Weltmeere aus wie vom Set von "Fluch der Karibik". Cátia Palminha schlüpft in ein solches Outfit. Mit einigen Handgriffen verwandelt sie sich in eine Seeräuberin. Das dunkelrote und schwer wirkende Kleid strafft sie durch einen Ledergürtel, zieht sich Schnürstiefel über und setzt auf ihr dunkles Haar einen schwarzen, mit Federn besetzten Dreieckshut. Darunter blitzt ein Tuch mit roten Streifen. "Ein Ohrring darf natürlich nicht fehlen", findet Breuer.

Lange kann Palminha den schicken Aufzug aber nicht anbehalten. "Ab und zu probieren wir ein paar Kostüme aus", sagt die 26-Jährige, die seit drei Jahren beim Kostümverleih arbeitet und zieht wieder ihre Alltagsklamotten an. Die Pflicht ruft, eine Kundin sucht die passende Verkleidung für eine private Mottoparty, Thema: Das Alte Rom.

"Ich habe mir gedacht einen Cäsar und einen Legionär", sagt Janette Sorokin, die sich und ihren Mann so verkleiden will. Cátia Palminha lotst die Dame ein paar Gänge weiter, zu einer Zeitreise auf wenigen Metern: Vom Biedermeier zum Mittelalter, links die prachtvollen Kleider der Damen, rechts die Auswahl für die Herren. Darüber sind Hüte, Masken und Accessoires verwahrt.

Auf anderen Regalen äugen plüschige Kopfteile von Tierkostümen auf die beiden. Die Frauen biegen am hinteren Ende des Kellers in einen Gang und passieren die Länder Mexiko, Spanien und Russland, bis sie vor einer Kleiderstange mit Brustharnischen und weißen Roben stehen bleiben.

Bisher jeden Wunsch erfüllt

Während die Verkäuferin nach dem gewünschten Kostüm sucht, erklärt sie der Kundin die Mode des Alten Roms und präsentiert ein weit geschnittenes, langes Gewand aus weißem Stoff, mit gelben Steinchen und Bordüren verziert. Es ist eines der Cäsaren-Kostüme. Sorokin ist begeistert. "Das sieht wahnsinnig gemütlich aus. Und so prachtvoll."

Für den Mann entschließt sich Janette Sorokin gegen den Legionär, als die Mitarbeiterin ihr eine blau und weiß gestreifte Hose zeigt. Die Kundin ist sofort überzeugt: "Den Obelix wird mein Mann lieben." Aus einer Kommode zaubert Palminha noch das richtige Schuhwerk, greift gezielt in eine der Kisten und findet einen Helm mit roten Zöpfen. Fertig ist der starke Gallier. Janette Sorokin ist wieder einmal zufrieden: "Wenn mir keine eigenen Ideen einfallen, dann komme ich immer hierher."

Die schönen Kleider für prunkvolle Auftritte, Anzüge und Hochzeitskleidung gehören ebenfalls zum Geschäft. Das Herzstück des bunten Ladens verbirgt sich jedoch hinter all den sauber geordneten Kleidungsstücken: In der Schneiderei von Waltraud Breuer werden die Kostüme gepflegt und die meisten davon selbst entworfen und hergestellt. Rund 20 Mitarbeiterinnen sind hier beschäftigt, eine von ihnen fertigt gerade Dosenkostüme für eine Parade in Düsseldorf.

Egal, wie ausgefallen die Kundenwünsche sind, die Schneiderinnen finden die passende Idee und den richtigen Schnitt - ob für ein Tomaten- oder ein Hummerkostüm. Darauf ist die Chefin stolz: "Es gab bisher keinen Wunsch, den wir nicht erfüllen konnten."

© SZ vom 23.02.2009/brei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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