Konzert:K.I.Z. im Zenith: Der Speckgürtel bekommt sein Fett weg

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Die Band K.I.Z. schafft es inzwischen mühelos, Hallen wie das Münchner Zenith mit johlenden, hüpfenden Fan-Mengen zu füllen. (Foto: Ralf Dombrowski)

Die Berliner Hip-Hop-Band geht bei ihrem Auftritt im Zenith an die Grenze des guten Geschmacks, liefert aber vor allem eines: eine große Show.

Von Ralf Dombrowski

Dissen gehört zum Geschäft. Die Frage ist nur, wie das mit Stil gelingt, wenn man selbst ein Teil des Systems geworden ist, gegen das man eigentlich aufbegehrt. Denn K.I.Z. verdienen inzwischen richtig Geld. Aus den Berliner Verseschmieden, die in ihren frühen Jahren auch schon mal wieder ausgeladen wurden, nachdem ein Veranstalter sich die Texte genauer angehört hatte, ist ein Hallenact geworden, der es mühelos schafft, das Münchner Zenith mit einer johlenden, dampfenden, hüpfenden Fan-Menge zu füllen.

So wirklich ernsthaft kann man sich da nicht mehr als Vertreter des Kapuzenpulliprekariats präsentieren, also muss Ironie herhalten, die stellenweise in Sarkasmus kippt, um mit einem Blick von außen die Glaubwürdigkeit zu erhalten.

Das ist natürlich nicht neu. Schon vor einem guten Jahrzehnt kündeten Maxim Drüner, Tarek Ebéné und Nico Seyfrid vom "RapKettenSägenMassaker", stilisierten sich als "Böhse Enkelz" oder wetterten mit "Geld essen" gegen die Gier mancher Tribe-Kollegen. Inzwischen aber nutzen sie die große Bühne, um aus ihren stellenweise ernsthaften Botschaften eine große Show zu machen. Gedisst wird immer noch, wenn etwa mit "Was würde Manny Marc tun" die intellektuelle Schlichtheit des Partyraps mit dem Ernst der Welt konfrontiert wird.

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Und wenn dann am Ende, nachdem die Halle endlich zu "Hurra die Welt geht unter" sich wogen durfte, die Rapper einschließlich DJ Craft in Udo-Jürgens-Attitude mit schwarzen Quasi-Bademänteln noch einmal erscheinen, um im Chanson-Ton ihr "Hurensohn" auf die Melodie von "We Are The World" zu singen, dann ist nicht nur die eigenen Community, sondern das ganze Showbiz Ziel ihres Spotts.

Doch das ist eben nicht alles. "Ihr seid die bösen fünf Prozent dieser Welt, München, und ich bin froh, endlich ein Teil von euch zu sein", meint Maxim zwischendurch, bevor er als Einlage in der Hallenmitte am Wellenbrecher auf eine Kanzel steigt, um den "Abteilungsleiter der Liebe" anzustimmen.

Gratwanderung zwischen Feiern und Weltverbessern

Immer wieder nehmen K.I.Z. auf die Wohlstandsmetropole Bezug, behaupten ihre eigene schlimme Berliner Jugend mit einem Grinsen im Gesicht gegenüber den Töchterchen und Söhnchen des Speckgürtels. Manches geht bis an die Grenzen des guten Geschmacks, wenn etwa Maxim sich zu "Käfigbett" kunstblutverschmiert aus einer Pappvagina auf der Bühne quält, um die apokalyptische Dimension des Songs zu unterstreichen.

Aber dann wieder Party, Konfettikanonen, die Spielgeldscheine in die Menge pusten, Flak-Geschütze, die mit Pyrotechnik und Stichflammen ein wenige Gaukler-Atmo in die Arena bringen, Video-Einspielungen, die zu entfremdeten Parteihymnen à la "Internationale" von "Kannibalen in Zivil" künden, und das typische Jonglieren mit dem Image der bösen Buben und ruchlosen Töchter in "Ehrenlos" oder "Geld".

Es ist eine Gratwanderung zwischen der Botschaft ruppig formulierter Weltverbesserung und dem Bedürfnis nach Feiern und Delirium. Nach knapp zwei Stunden Show jedenfalls war das Zenith derart angeheizt, dass die Brillengläser beschlugen und alle schließlich mit einem fröhlichen "Hurensohn" im Ohr nach Hause gehen konnten.

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