Konzert im Trüffelwald:Idyllische Idee

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Die Veranstalter Simon Gerner und Simon Weber wollen ein Festival in der Nähe von Toulouse mit 800 Gästen, Techno und Pop auf die Beine stellen - ohne die Natur zu schädigen

Von Stefanie Witterauf

Massenveranstaltung Festival: Berge von Müll, kilometerweite Wege von Bühne zum Zeltplatz, verdreckte, überfüllte Sanitäranlagen und horrende Preise für Nahrungsmittel und Getränke. Simon Gerner, 26, und Simon Weber, 26, teilen sich ihre Abneigung gegenüber Festivals. Trotzdem planen die beiden Münchner Studenten im Sommer ein Festival in Frankreich - auf welches sie auch gerne gehen würden.

"Ich hatte mal den Traum, dass Simon und ich eine Bar zusammen aufmachen", sagt Simon Gerner und grinst. "Dabei will ich gar keine Bar haben." Doch ein gemeinsames Projekt soll es jetzt von den beiden Freunden trotzdem geben. Vor Jahren haben sie sich über eine Exfreundin kennengelernt. Das Mädchen ist mittlerweile weg, die Freundschaft geblieben.

Dass sie ihr Festival in Frankreich machen, sei Zufall. Die Location haben sie über einen Freund aus dem Nachtleben entdeckt. Als Gerner zum ersten Mal das Gelände im Südwesten Frankreichs in Domaine de Gayfié sieht, will er alle seine Freunde zusammentrommeln, damit sie einen gemeinsamen Ausflug dorthin machen. "Unberührte Natur, ein Trüffelwald mit kleinen Bächen und ein Sternenhimmel, den die meisten Städter vor Smog und Straßenlaternen längst vergessen haben. Die Gegend heißt schwarzes Dreieck, weil es nachts so dunkel ist wie in der Wüste in Marokko", sagt Weber. Die Idee entwickelt sich schnell weiter. Denn Gerner ist Veranstalter. Der Schritt, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, ist längst überfällig.

In der Nähe von Toulouse wollen die Veranstalter Simon Gerner (rechts) und Simon Weber ein Techno- und Pop-Festival mit 800 Gästen abhalten. (Foto: privat)

Zum Interview sitzen sie am Nachmittag im leeren Club "Kong" am Hauptbahnhof, wo Weber Betriebsleiter ist. Glitzernde Barhocker stehen umgedreht auf dem Tresen, der schwarze Vorhang ist einen Spalt geöffnet, ein bisschen Tageslicht fällt auf das leere DJ-Pult. Arbeiten, wo andere feiern. Dieses Motto begleitet sowohl Weber, der Tourismusmanagement studiert, als auch Gerner, der sich erst kürzlich selbstständig gemacht hat. Neben seinem dualen Studium in Wirtschaftspsychologie hat er fünf Jahre lang in der Veranstaltungsagentur "Kongress" seine Ausbildung gemacht und gearbeitet.

Die eigene Firma ist schnell gegründet. Das Festival nennen sie "Monticule", zu Deutsch "Hügel". Über den Hügel Gayfié verteilen sich auf 145 Hektar eine Klosterruine, eine Felsgrotte, Pool und Tennisanlage - ihr Festivalplatz. Unterstützer haben die jungen Männer, die in der Münchner Szene verwurzelt sind, sofort hinter sich - sogar die ehemaligen Chefs von Gerner, bei denen er gekündigt hat. "Auf dem Gelände hätten locker 2000 Gäste Platz. Doch genau das wollen wir nicht", sagt Weber. Ihr Anspruch: keine Massenveranstaltung. Nicht das klassische Festivalerlebnis, das beide nicht mögen.

Domaine de Gayfié: Klosterruine, Trüffelwald mit Bächen und Sternenhimmel. In der Gegend ist es nachts so dunkel wie in der Wüste von Marokko. (Foto: privat)

Diesen Sommer soll das Pilotprojekt sein. Mit 800 Personen. Nur so können sie sicherstellen, dass die Natur nicht maßgeblich geschädigt wird, die Pflanzen in den Wäldern nicht niedergetrampelt werden und sie keine "verbrannte Erde" hinterlassen. "So eine Verwüstung wie die schockierenden Bilder nach dem Chiemsee Summer, die vergangenen Sommer durch die Presse gingen, wollen wir nicht. Egal wie es dieses Jahr läuft - wir wollen die Location nicht ausschlachten."

Das Lineup beim "Monticule"-Festival soll vielfältig werden. Von Techno bis zu elektronischer Popmusik. Mit Größen wie Filmmusikkomponist Erobique, Berghain-DJ Gerd Janson, Bambounou aus Paris und die Münchner Zenker Brothers. Bewusst haben sie sich das Münchner Label Public Possessions des DJ-Duos Marvin & Valentino mit ins Boot geholt, deren nationale und internationale Zusammenarbeit mit Künstlern von den Veranstaltern geschätzt wird. Auch unbekanntere DJs haben die Möglichkeit aufzutreten. "Wir laden lokale Musiker dazu ein, bei uns zu spielen. Nicht nur DJs, sondern auch ein Orchester, das dort im Ort ansässig ist", sagt Weber. Die nächste größere Stadt ist Toulouse - circa hundert Kilometer entfernt.

Die unberührte Natur Frankreichs dient den Münchner Studenten als Kulisse für ihr großes Musikfestival. (Foto: privat)

"Wir planen Yoga-Stunden, Theateraufführungen, Tennisstunden und Kunstperformances anzubieten. Wenn man zurückkommt, soll man nicht erst mal eine Woche Urlaub brauchen", sagt Gerner. Ein weiterer Urlaub wäre wohl für viele Festivalbesucher auch kaum finanziell zu stemmen, die Hauptzielgruppe sind Studenten. Ein Shuttlebus fährt aus verschiedenen Städten für 90 Euro aufs Gelände. Der Ticketpreis liegt für vier Tage bei 135 Euro.

Ein Fest für die anderen, Stress für die Veranstalter. "Wir fahren zwei Wochen vor dem Event nach Frankreich. Räumen eine Woche danach auf und dann bleiben wir noch eine Woche, um uns zu entspannen", sagt Weber. Sie hoffen: an einem Ort ohne Verwüstungen.

Das Festival findet vom 18.-21. Juni in Jean de Laur, Domain de Gayfié statt. Tickets und Informationen unter: www.monticulefestival.de

© SZ vom 30.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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