Konfiszierte Gästelisten:Polizeilicher Rohrkrepierer

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Dass Ermittler Corona-Listen auch anderweitig nutzen, ist wenig vertrauensbildend

"Verdächtige Gäste" vom 15. Juli:

Offensichtlich gibt es in Bayern bereits mehrere bekannte Fälle, in denen ermittelnde Polizisten die Herausgabe von "Covid 19-Nachverfolgungs-Gästelisten" von Gastbetrieben gefordert haben. Wer jemals dachte, dass schwerwiegende Grundrechtseingriffe der Exekutive ausschließlich zur sogenannten Pandemiebekämpfung von Covid-19-Infektionen genutzt werden, der wurde eines Besseren belehrt.

Die massenweise ausgefertigten Gästelisten, deren sinngemäße Verwahrung und Vernichtung in den jeweiligen Gastbetrieben schon bisher schleierhaft war und noch immer ist, wurden nun von Ermittlungsbehörden in Einzelfällen quasi zur "Rasterfahndung", zur Tätersuche bei Ordnungsdelikten genutzt. Mit Verweis auf die generelle Legalität dieser Beschlagnahmung in Verbindung mit Staatsanwaltschaft und Strafprozessordnung. Von Anfang an haben alle diejenigen, die nicht nur an das Gute im Menschen glaubten und auch schon länger an Söders Pandemie-Allwissenheit gezweifelt haben, vermutet, dass eine derartig umfassende Datenerfassung weiteres Potenzial liefert, um den Überwachungsstaat zu stärken. Und das auch noch ganz ungeniert mit dem Alibi versehen, dass diese Datenerfassung der Sicherheit der Gaststätten- und Biergartenbesucher diene. Kein einziger Nachverfolgungserfolg ist hierzu bekannt.

Wer nicht völlig von der verordneten Angsthysterie überwältigt war und noch einigermaßen klar dachte, konnte sich anhand niedrigster Fallzahlen doch selbst ausrechnen, wie hoch sein eigenes Ansteckungsrisiko sein würde. Im Freien nämlich gleich Null, wenn man nur aus seinem eigenen Maßkrug mit "Hygiene-Abstand" trinkt. Die zusätzlich verordnete Pseudomaskerade zum Ausschank und zum Klohäuschen ist nicht gefährlicher als die tägliche Begegnung auf dem städtischen Bürgersteig, die ja auch (noch?) unmaskiert zulässig ist. Wozu überhaupt also die schriftliche Registrierung am Tisch oder am Biergarteneingang? Nun ja, eine Antwort hierauf haben wir durch die bekannten Ermittlungsfälle nun bekommen. Dass sich die Beschlagnahmung der Gästelisten letztlich als Rohrkrepierer für die Polizei herausgestellt hat, zeigt doch sehr deutlich, dass es viele genervte und sich gegängelt fühlende Gäste gab, die offensichtlich schon ohne Alkoholkonsum beim Eintritt ins Gasthaus ihren Namen, Adresse und Telefonnummer nicht mehr korrekt schreiben konnten. Bernhard Schubert, München

© SZ vom 17.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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