Schön ist es ja schon, dass die Stadt ihren Schaustellern die Möglichkeit gibt, trotz ausgefallenem Oktoberfest ein wenig Geld zu verdienen, und damit den Münchnerinnen und Münchnern zugleich etwas Volksfeststimmung erlaubt. Weniger schön ist es allerdings, dass sie dann gleich wieder Angst vor der eigenen Courage bekommen hat. Anders lassen sich die zum Teil recht fadenscheinigen Ausreden, warum der "Sommer in der Stadt" nicht länger dauern kann, nämlich nicht erklären.
Da wird die Internationale Automobilausstellung IAA genannt. Die holte man angeblich in die Stadt, weil sie auch wieder Touristen von außerhalb anziehen soll. Und deshalb soll es nichts neben ihr geben, weder Protestaktionen noch andere Veranstaltungen? Ein bisschen Volksfeststimmung wäre für die Besucher doch sicher ein zusätzlicher Anreiz gewesen. Und hätte man das wirklich gewollt, dann hätte man für die Handvoll Schausteller auf dem Königsplatz auch einen anderen Ort gefunden. Stattdessen müssen mehr als 80 Schausteller nun schon nach gut drei Wochen wieder abbauen, weil ein paar Kollegen der IAA weichen müssen. Und auf der Theresienwiese schiebt man noch das Argument hinterher, dass die Stadtwerke vom 23. August an dort ein Starkstromkabel verlegen wollen. Da hat das Oktoberfest aber echt Glück gehabt, dass es schon wegen Corona abgesagt wurde, sonst wäre der Aufbau doch glatt dem Kabel zum Opfer gefallen. Oder anders gesagt: Kabel könnte man auch dann verlegen, wenn keine Veranstaltungen anstehen.
So bleibt der Verdacht: Der "Sommer in der Stadt" ist letztlich eine Alibiveranstaltung und man will jeden Anschein vermeiden, dass im September irgendetwas in der Stadt passiert, das nach Wiesn aussehen könnte. Lieber schickt man die Stadt in den vorgezogenen Winterschlaf, nicht einmal ein Klima-Camp soll auf der Theresienwiese stattfinden dürfen. Weil man es mit Bierzelten verwechseln könnte? Eine Stadtverwaltung sollte nie leichtfertig handeln. Aber wenn sie die Vorsicht übertreibt, sollte die Politik handeln.