Kommentar:Wer schützt wen?

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Im Haus der Kunst konnte ein Mann mehr als zwei Jahrzehnte wirken, der Scientology-Mitglied sein soll. Geschäftsführung und Aufsichtsräte müssen sich jetzt fragen lassen, warum sie das so lange zugelassen haben

Von Susanne Hermanski

Der Mann, der bislang im Zentrum der Diskussion um Scientology-Mitglieder im Haus der Kunst stand, ist weg - verabschiedet, aus einem ohnehin fragwürdigen Arbeitsverhältnis. Die Geschäftsleitung habe die Zusammenarbeit mit dem externen Dienstleister beendet, heißt es in Ludwig Spaenles Mitteilung aus dem Kultusministerium. Doch wie geht es nun weiter? Das Prinzip einer Organisation wie Scientology besteht bekanntlich nicht im Platzieren von Einzelkämpfern, sondern im Aufbau von ganzen Netzwerken.

Dafür war erschreckend lange Zeit im Fall des Hauses der Kunst. Seit 1995 war der Mann für das Museum tätig; damals war Hans Zehetmair Kultusminister und der Direktor des Hauses der Kunst hieß Christoph Vitali. Dass dem Mann zwei Jahrzehnte Zeit gelassen worden sind, zu wirken, lässt sich nicht durch juristisch wohlgedrechselte Formulierungen wie dem "externen Dienstleister" beschönigen. Sogar wenn man mit seinen Unterstützern sprach, war eines unzweifelhaft: Der mutmaßliche Scientologe saß zumindest im vergangenen Jahrzehnt nicht irgendwo am Rande dieses Personalgeflechts, sondern mittendrin.

Fordert man ein Organigramm des Hauses der Kunst an, erhält man lediglich eine Funktionsbeschreibung der drei Mitglieder der Geschäftsführung unter der Führung des Trägers der "Gesamtverantwortung" Okwui Enwezor. Wie es darunter aussah, geht wohl keinen etwas an. Doch auch bei dem "Darüber" hat man es nicht ganz so leicht. Überstellt ist der Geschäftsführung ein Aufsichtsrat als Kontrollgremium. Dessen Vorsitz hat Ludwig Spaenle als Kultusminister inne. Sein Vorgänger im Amt, Wolfgang Heubisch, ist mittlerweile Vorsitzender der "Freunde des Hauses der Kunst" und hat somit ebenfalls einen Sitz. Auch das Finanzministerium hat einen Vertreter im Rat, erstellt es doch den "Zuwendungsbescheid", bewilligt also Steuergelder dafür.

In der Folge müssen sie sich nun alle dieselben Fragen gefallen lassen: Haben sie dafür gesorgt oder es zumindest nicht verhindert, dass hier einer oder mehrere im Sinne von Scientology schalten und walten konnten? Und taten sie es aus Schlamperei oder gar planvoll?

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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