Kommentar:Weg mit all den Zwängen

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Die Kritik am Ablauf von Bürgerversammlungen ist nur allzu berechtigt. Doch es gibt durchaus Möglichkeiten, den Ablauf zu entschlacken

Von Thomas Kronewiter

Dröge und langweilig, immer dieselben Themen, kaum echte Neuigkeiten - solche Kritik am Ablauf der Bürgerversammlungen ist nur allzu berechtigt. Eine Nachrichtenbörse ist das jährlich in jedem Stadtbezirk wenigstens einmal stattfindende Format schon lange nicht mehr. Nicht von ungefähr hat der Bezirksausschuss Altstadt-Lehel eine Reform angestoßen. Und nicht von ungefähr hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) für sich in der persönlichen OB-Bürgersprechstunde eine Alternative gefunden, mit der er - befreit von allen Zwängen einer Geschäftsordnung - mit den Menschen im Viertel viel leichter ins Gespräch kommen kann.

Die Stadtverwaltung zieht für sich einen anderen Schluss. Die Versammlungen seien gut besucht, die Rahmenbedingungen gäben ohnehin nichts anderes her - also warum etwas ändern? Dabei übersehen die Verfasser des Papiers, über das der Stadtrat an diesem Mittwoch beschließen soll, dass gewöhnlich gerade einmal die Hälfte der anfangs Anwesenden bis zu den Abstimmungen durchhält, dass außer einem harten Kern selbst kommunalpolitisch Interessierte den behäbigen Auftakt jeder Bürgerversammlung mitunter nur schwer durchstehen.

Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, den Abend zu entschlacken. Warum muss der ohnehin oft nur abgelesene und meist altbackene Bericht des Versammlungsleiters zum Stadtbezirk überhaupt vorgetragen werden? Warum muss der Bezirksausschuss-Chef zusätzlich einen bis zu einstündigen Rechenschaftsbericht abgeben? Das alles ließe sich, wie der Sicherheitsbericht der Polizei und die aktuellen Haushaltszahlen der Stadt, in einem handlichen Päckchen genauso zum Mitnehmen hinlegen wie derzeit schon das Blatt, das die Versorgung des Stadtviertels mit Kindertagesstätten erklärt. Dann wären bis zu eineinhalb Stunden gewonnen - Zeit, die für das Top-Thema des Abends bliebe. Das wäre anhand der Wortmeldezettel schnell zu identifizieren. Warum also kann man nicht den wichtigsten Punkt herausgreifen und tatsächlich in einen Dialog eintreten - mit Bürgermeister, Bezirksausschuss-Chef und allen, die sich zu diesem Thema äußern wollen?

Solche Ideen in Einklang mit der Bayerischen Gemeindeordnung und der Satzung der Stadt zu bringen, ist sicher nicht leicht. Dass es gar keine Spielräume gäbe, stimmt aber schlicht nicht. Da macht es sich die Stadtverwaltung deutlich zu leicht.

© SZ vom 21.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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