Kommentar:Vergesst den großen Wurf!

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München wartet oft auf die große Lösung, dabei ginge es bei manchem Problem auch schnell und einfach. Der neue Bus zum Tierpark ist dafür ein gutes Beispiel

Von Melanie Staudinger

Ein gut gelaunter Elefant am Steuer, neben ihm ein turnender Affe: So spaßig wie auf dem Werbeplakat wird die erste Fahrt mit dem neuen Expressbus X 98 wohl nicht, der den Hauptbahnhof direkt mit dem Tierpark Hellabrunn verbindet. Die Idee aber, die dahintersteht, ist so einfach, dass man sich fragt, warum es den Bus nicht schon lange gibt. Er verkehrt an besucherstarken Tagen, an denen die Parkplätze am Zoo hoffnungslos überfüllt sind, und will auswärtige Familien animieren, ihr Auto daheimzulassen. Die Menschen kommen trotzdem mit dem Auto, werden Skeptiker sagen, eine Buslinie löse das Parkplatzproblem nicht. Vielleicht aber reduziert sich der Autoverkehr durch den Bus so, dass das teure und umstrittene Parkhaus, das der Tierpark bauen will, nicht nötig ist. Das sieht man allerdings erst, wenn man es ausprobiert.

Immer öfter hat die Stadt den Mut, auf einfache und schnelle Lösungen zu setzen statt lange auf den großen Wurf zu warten. Beim neuen Bauprogramm "Wohnen für alle" zum Beispiel, das durch eine Modulbauweise der Stadt in kurzer Zeit viele bezahlbare Wohnungen mit niedrigerem Standard bringen soll. Oder im Schulbereich, wo schnell aufgestellte Container die größte Platznot lindern. Der Expressbus zum Zoo gehört auch in diese Kategorie.

Diesen Mut würde man sich an anderer Stelle ebenso wünschen. Bei den Freibädern etwa, die jetzt länger, aber nicht länger als 20 Uhr geöffnet sind. Warum entscheiden die Mitarbeiter nicht individuell, ob das Bad bis zum Einbruch der Dunkelheit öffnet? Oder: Die Stadtbücherei im Gasteig hatte am Ostersamstag geschlossen - angeblich weil nicht genug Personal da war, um alle Bereiche zu besetzen. Ein paar hätten aber auch gereicht, mit weniger Personal - so aber kauerten viele, die die Bibliothek gerne zum Lernen genutzt hätten, draußen auf dem Boden. Auch hier ließe sich das Problem schnell und einfach lösen. Auf den großen Wurf muss man nicht warten, Man muss sich nur trauen.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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