Kommentar:Stadt und Land sind eine Einheit

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Viele Weltfirmen und Dax-Konzerne haben längst erkannt, dass es Wichtigeres gibt als Stadtgrenzen. In der Politik aber werkelt jeder nur vor sich hin

Von Lars Brunckhorst

In den Augen vieler Münchner endet die Stadt spätestens in Fröttmaning. Anders aus dem Blick der Wirtschaft: Der Entschluss von BMW, ein Forschungszentrum für autonomes Fahren in Unterschleißheim zu bauen, ist eine Entscheidung für den Standort München. Ob Airbus in Ottobrunn, Allianz in Unterföhring oder Sixt in Grünwald - viele Weltfirmen und Dax-Konzerne sitzen zwar vor den Toren der Stadt, sehen sich aber als Münchner Unternehmen. Auch die Technische Universität hat mit ihren Zentren in Garching und Freising schon lange das Umland als Teil eines "Greater Munich" entdeckt. Wenn umgekehrt auch mal ein Unternehmen von außen rein in die Stadt zieht, so wie Microsoft, bestätigt das nur: Stadt und Land bilden für die Wirtschaft eine Einheit.

Für Firmenchefs ist es zweitrangig, ob ihre Adresse Königinstraße lautet oder Landshuter Straße in Unterschleißheim. Hauptsache ist, die Konditionen stimmen: eine gute Infrastruktur, niedrige Gewerbesteuersätze, genug Fläche für potenzielle Erweiterungen, schnelle politische Entscheidungen, kurze Genehmigungsverfahren. Passen diese Faktoren, verlässt man sogar den prestigeträchtigen 089-Vorwahl-Raum und geht noch weiter raus, etwa nach Freising oder Bruck. Die Firmen handeln damit wie die meisten Menschen im Großraum, für die die Stadtgrenze schon lange keine Bedeutung mehr hat. Sie wohnen im sogenannten Speckgürtel und arbeiten in der Stadt, immer häufiger aber auch umgekehrt. Das ist der Grund, warum der Landkreis München in fast allen Rankings zu Kaufkraft und Zukunftsaussichten vorne liegt. Stadt und Umland - sie gewinnen und verlieren gemeinsam.

Wenn beide aber eine Einheit sind, dann sollte auch die Politik das Ganze im Blick haben. Doch stattdessen werkelt hier jeder vor sich hin: bei Verkehr, Wohnungsbau, Gewerbeansiedlung, Schulplanung. Und der Regionale Planungsverband, in dem die Kommunen vereint sind, ist eher ein zahnloser Tiger. Die Folge kann nicht sein, dass das Umland eingemeindet oder ein weiteres politisches Gremium für den Großraum geschaffen wird. Gefordert ist aber eine engere Zusammenarbeit von Stadt und Land. Und zwar auf Augenhöhe.

© SZ vom 21.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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