Kommentar:So lang die Quellen sprudeln

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Die Stadt hat genug Geld, um all ihre Projekte zu finanzieren - dank der guten Konjunkturlage. Sollte die Wirtschaft aber schwächeln, wird die Politik auch Vorhaben streichen müssen

Von Dominik Hutter

Man muss sich nicht verstecken, wenn man als Kommune mit sieben Milliarden Euro kalkulieren kann. Diese Größenordnung hat der am Mittwoch verabschiedete Stadthaushalt fürs Jahr 2019 - andere Städte, die über die Schließung von Schwimmbädern nachdenken müssen, vollzögen Luftsprünge, wenn sie eine solche Summe zur Verfügung hätten. München hat solide gewirtschaftet in den vergangenen Jahren. Die Schulden, einst 3,4 Milliarden Euro, wurden weitgehend getilgt - der Restposten von 680 Millionen Euro wird wohl erst einmal bestehen bleiben, weil es angesichts der niedrigen Zinsen und der mit Schulden verbundenen gesetzlichen Einschränkungen (Kredite dürfen nur für Investitionen verwendet werden) sinnvoller ist, über viel Spielraum im "normalen" Haushalt zu verfügen. Die Stadt verfügt zudem über erhebliche Reserven, Geldanlagen in erklecklicher Höhe wurden angehäuft. Und man hat darauf verzichtet, Stadtwerke und Wohnungsbaugesellschaften zu versilbern.

Alles gut also? Für den Moment ja. Nur sollte man nicht vergessen, worauf dieser Reichtum und die damit verbundenen politischen Möglichkeiten beruhen: auf der guten wirtschaftlichen Situation der Stadt. Ohne die milliardenschweren Einnahmen aus der Gewerbesteuer und dem Kommunalanteil an der Einkommensteuer, der ja auch viel mit der wirtschaftlichen Lage zu tun hat, könnte die Stadt ihre ehrgeizigen Investitionsprogramme nicht bestreiten. 7,6 Milliarden Euro stehen bis 2022 im ebenfalls am Mittwoch beschlossenen Mehrjahresinvestitionsprogramm, und rechnet man den geplanten Kauf von Finanzanlagen dazu, sind es sogar acht Milliarden. Plus 300 bis 400 Millionen, für die es noch keinen Finanzierungsbeschluss gibt. Das ist viel Holz - selbst für eine reiche Stadt wie München. Alle aktuell diskutierten Projekte, darunter auch die erst ab 2030 aktuelle U-Bahn-Innenstadtquerung U 9 oder die Untertunnelung der S 8 in Daglfing, kosten rund 15 Milliarden Euro.

Sollte die Wirtschaft nachlassen, wird vieles davon auf der Kippe stehen. Manches ist unverzichtbar, der Ausbau der Schulen etwa, anderes eher Nice-to-have wie die neuen Straßentunnel. Dann heißt es: Prioritäten setzen. Für das aktuelle rot-schwarze Rathausbündnis wäre das ungewohnt. Denn trotz aller erkennbaren Bemühungen, die Ausgaben nicht ausufern zu lassen, gilt dort nach wie vor das Grundprinzip: Wenn wir uns nicht einigen können, machen wir eben alles.

© SZ vom 21.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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