Das geht jetzt etwas ins Persönliche, aber der Schreiber dieses Kommentars hatte einige Wochen lang das nicht sehr weltbewegende Problem, ein in der örtlichen Stadtbücherei-Filiale ausgeliehenes Kinderbuch einfach nicht zurückbringen zu können. Unter der Woche arbeiten, heimkommen nach Ende der Öffnungszeiten, das Buch liegt auf dem Küchentisch und schaut einen vorwurfsvoll an. Und die Mahngebühren summieren sich. Man sollte die Nachrichtenlage nicht nach persönlicher Betroffenheit bewerten. Aber es klang gut, als das Kulturreferat verkündete, die Büchereien künftig auch samstags öffnen zu wollen. Offensichtlich gibt es dafür bei vielen Bedarf.
Daraus wird nun nichts, wie es scheint, weil die Stadt es nicht schafft, sich dafür innerhalb von drei Jahren ganze 22 zusätzliche Stellen zu genehmigen - eine Stadt, die über viele tausend Planstellen verfügt. Das darf eigentlich nicht wahr sein in einer Gesellschaft, die sich praktisch pausenlos unterhält über Themen wie Bildungsgerechtigkeit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Doch genau so will es der Stadtrat an diesem Donnerstag beschließen. Dabei gibt es in einer Stadt kaum eine wichtigere kultur- und sozialpolitische Errungenschaft als die der öffentlichen Bücherei. Wer Kinder mit Büchern wie dem Sams zu Leseratten macht, hilft ihnen, ihren Familien, der Gesellschaft insgesamt. Es ist befremdlich, dass man dies der großen Koalition im Rathaus überhaupt sagen muss.
Dahinter aber steht ein größeres Problem. Zu viele Einrichtungen der öffentlichen Hand öffnen nicht dann, wenn die Menschen es wünschen, sondern dann, wenn die Ämter es für angemessen halten. Das gilt für Büchereien, für Bürgerbüros, aber auch für Museen. Niemand erwartet einen Betrieb rund um die Uhr. Aber ein bisschen mehr Service.