Kommentar:Raus aus dem Elfenbeinturm

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Die städtischen Museen greifen immer wieder gesellschaftspolitisch wichtige Themen auf. Das ist erfreulich - und auch in München wirklich nötig

Von Franz Kotteder

Soeben war im Kulturausschuss das Ausstellungsprogramm der städtischen Museen präsentiert worden, da trat der CSU-Stadtrat Marian Offman sichtlich bewegt ans Rednerpult. Als jüdischer Bürger, sagte er, sei er stolz, in München zu leben. Denn diese Stadt setze den antisemitischen und rassistischen Parolen, die man immer wieder bei den Pegida-Demonstrationen hören könne, wirklich etwas entgegen, sogar in ihren Museen. Die reagierten rasch auf aktuelle Entwicklungen und Zeitströmungen, und sie bezögen dabei auch klar Position, lobte Offman. Das sei sehr erfreulich.

Das ist es. Allerdings scheint es auch bitter nötig zu sein. Denn längst hört man Hetzerisches ja nicht nur von ein paar Pegida-Hanseln, sondern auch von Parteien, die sich selber demokratisch finden. So gesehen könnte man es auch für Luxus halten, dass München es sich immer noch leistet, über Stolpersteine und die richtige Form des Gedenkens an die Opfer der Nazi-Diktatur zu streiten. Eigentlich gibt es doch längst viel größere Probleme, auch in München.

Tatsächlich aber schaffen es die Münchner Museen und das NS-Dokuzentrum immer wieder, gesellschaftspolitisch brisante Themen unaufdringlich aufzugreifen, ohne platt zu werden. Es geht dabei keineswegs nur ums Rechtsextreme - außer vielleicht im Dokumentationszentrum, wo es aber auch hingehört. Sondern auch um andere Themen, wie etwa das Ausmaß der Überwachung, das es heute schon im Alltag gibt und dem das Stadtmuseum demnächst eine eigene Ausstellung widmet. Von Theatern erwartet man sich eine derartige Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit sowieso, von Museen noch viel zu selten. Es ist gerade keine gute Zeit für Elfenbeintürme. Dass die Museen in der Stadt das auch so sehen, macht immerhin Mut für die Zukunft.

© SZ vom 27.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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