Kommentar:Nieder mit der Vollzugskontrolle!

Die Bayernpartei sagt Floskeln in der Sprache der städtischen Verwaltung den Kampf an

Von Heiner Effern

Die Bayernpartei hat in den vergangenen drei Jahren eine blitzsaubere Stadtratskarriere hingelegt. Gestartet ist sie 2014 solide mit einem Mann, Richard Progl, doch dem sind die Kollegen aus anderen Parteien nur so zugelaufen. Eine eigene Fraktion bilden die fünf Stadträte nun, die allerdings bisher wenig Spektakuläres ablieferte. Doch nun machen sich die wackeren Bayern daran, nicht weniger als eine stadtpolitische Revolution, einen Kulturbruch anzuzetteln: Sie wollen der städtischen Verwaltung ihre Floskeln verbieten.

Als erstes soll es dem Planungsreferat an den Kragen gehen. Dieses verharmlose die zu erwartenden Staus oder Verkehrsprobleme in der Umgebung von Neubaugebieten viel zu oft mit Standardaussagen, ärgert sich die Bayernpartei. Und sie liefert gleich einen konkreten Satz mit, den sie nie mehr lesen will: "Das zu erwartende Verkehrsaufkommen soll verträglich abgewickelt werden." Doch dies kann nur der Anfang sein, viele jahrzehntelang genutzte Floskeln bangen um ihr Überleben. "Vielen Dank für die gewährte Fristverlängerung" zum Beispiel, oder die geschätzte Formel "Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle". Ein Klassiker ist auch der Satz, mit dem ein Referat in einer Vorlage die Zahl neu geforderter Stellen definiert. "Die Personalbemessung ergibt einen zusätzlichen Personalbedarf von 6,39 VZÄ." Für alle Nicht-Verwaltungssprachler: VZÄ heißt Vollzeitäquivalent. Für alle Immer-noch-nicht-Verwaltungssprachler: Das ist die Zahl der Vollzeitstellen.

Vielleicht schafft es die Bayernpartei also, die Verwaltung zu exakten Aussagen zu zwingen, und dazu auch noch Politik verständlicher zu machen. Wenn das schiefgeht, weiß man schon jetzt, wie der abschlägige Brief enden wird. "Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist."

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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