Kommentar:Nicht frech, sondern nötig

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Darf man in diesen Zeiten den Kulturetat ausweiten? Man muss es sogar

Von Franz Kotteder

Ganz schön frech, dieser Hans-Georg Küppers!", möchte man jetzt sagen. Da ist der halbe Stadtrat wegen der Haushaltslöcher in heller Aufregung, und der Kulturreferent hat nichts Besseres zu tun, als mehr Geld zu fordern und neue Stellen. Dabei müsste er doch wissen, schließlich kommt er aus dem klammen Ruhrgebiet: Wenn's im Haushalt eng wird, muss zuerst die Kultur bluten, denn die ist eine sogenannte "freiwillige Leistung" und keine Pflichtaufgabe, worauf der Stadtkämmerer vorsichtshalber gerne hinweist.

Bei den jetzt vorgeschlagenen Ausgaben in der Monacensia, im Stadtmuseum, in der Kostümbibliothek sowie beim Jüdischen Museum handelt es sich allerdings um alles andere als eine Frechheit. Sondern schlicht um überwiegend dringend nötige Ausgaben. Wenn man sich schon einmal ein Museum - oder irgendeine andere kulturelle Einrichtung - leistet, dann muss man sie auch benützen können. Wer sich ein Auto anschafft, muss schließlich auch mit Benzinkosten rechnen und lässt es nicht jahrelang in der Garage stehen. Im Detail lässt sich immer streiten, ob man die Generalsanierung des Stadtmuseums den Besuchern wirklich so umfangreich vermitteln muss oder nicht. Aber an einer Verbesserung des Besucherservices oder der Museumstechnik sollte eine Stadt wie München wirklich nicht sparen.

Ähnlich verhält es sich aber auch mit den meisten Kulturbauten, über die in Anbetracht der Haushaltslage jetzt wieder diskutiert werden wird. Der Gasteig zum Beispiel muss sowieso saniert werden, für einige Hundert Millionen Euro. Es sei denn, man sperrt ihn zu - und die Volkshochschule sowie die Stadtbibliothek gleich mit. Spielraum gibt es eigentlich nur bei der Philharmonie. Dort alles beim alten zu lassen, wäre freilich im Wortsinne ein Armutszeugnis. Ähnlich verhält es sich beim Stadtmuseum, das dringend saniert werden muss, und beim Volkstheater, das sowieso neue Räume braucht. Sparen an der Kultur ist also nicht einfach, will man nicht gleich ganze Einrichtungen schließen.

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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